Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Starkes Erdbeben in Marokko

Nach Angaben des globalen seismologischen Netzwerks GEOFON des GFZ ereignete sich am 8.9.2023 (Ortszeit) ein schweres Erdbeben der Magnitude 6,9 im Hohen Atlasgebirge in Marokko.

Nach Angaben des globalen seismologischen Netzwerks GEOFON des GFZ ereignete sich ein Erdbeben der Magnitude 6,9 am 8. September 2023 um 23:11 Uhr Ortszeit in einer Tiefe von 27 km im nordwestlichen Sektor des Hohen Atlasgebirge in Marokko. Die Analyse der Seismogramme zeigt, dass sich das Erdbeben auf einer Aufschiebung auftrat, d.h. dass sich der Block oberhalb der Verwerfung relativ zum Block unterhalb der Verwerfung nach oben bewegt. Diese Verwerfungsbewegung wird durch ein Zusammenschieben (Kompressionskräfte) der Platten verursacht. Der gemessenen Magnitude (Mw=6,9) zufolge brach die Verwerfung, die für dieses Erdbeben verantwortlich war, auf einer Fläche von etwa 20 km x 30 km auf. Der Herdmechanismus (Quelle: USGS) zeigt eine flache Verwerfungsebene (ca. 20°), die sich in einer erheblichen Tiefe von ca. 26-30 km befindet. Eine Analyse des Verwerfungssystems in der Region deutet darauf hin, dass die an diesem seismischen Ereignis beteiligte Verwerfung an der Oberfläche weiter nördlich des Epizentrums entsteht, wahrscheinlich nördlich der Stadt Marrakesch, wo sich die alte Riftflanke befindet (siehe Abb., Lanari et al., 2020).

Seismotektonik der Region

Die Konvergenzrate, d.h. die Rate mit der sich die eurasische und die nubische (afrikanischen) Platte langsam aufeinander zubewegen, beträgt nur 4 mm pro Jahr. Die Konvergenz wird nicht von einer einzigen Plattengrenze, sondern von mehreren breiteren Aktivitätszonen aufgenommen, von denen das Atlasgebirge die südlichste Zone ist. Der Golf von Cádiz - die Straße von Gibraltar - und das Alborán-Meer (westlicher Teil des Mittelmeers) bilden die nördliche Grenze.

Das Hohe Atlasgebirge entstand durch die Umkehrung einer bereits bestehenden Dehnungsstruktur, eines triassischen Grabens. Das Gebirge nimmt seitdem die sogenannte Krustenverkürzung auf, die durch die Bewegung der nubischen Platte in Richtung Eurasien verursacht wird. Die seismische Aktivität verteilt sich auf ein System von Schub-(Kompressions-) und Streichverwerfungen (seitliche Bewegung). Da die Krustenverkürzungsrate langsam ist, ist die Wiederholungszeit eines großen Erdbebens im Vergleich zu anderen Regionen sehr lang. Die Wiederholungsraten von Erdbeben in der Größenordnung dieses Marokko-Erdbebens auf einzelnen Verwerfungen liegen im Bereich von Tausenden von Jahren.

Große Erdbeben in Marokko

Im letzten Jahrhundert ereigneten sich in Marokko zwei Erdbeben, die zwar von geringerer Magnitude waren, jedoch größere Schäden anrichteten. Die großen Erdbeben traten bei Al Hoceima (Mw=6,3, 2016) sowie bei Agadir (Mw=5,8, 1960) auf. Beim Agadir-Erdbeben starben annähernd 12000 Menschen, das entsprach damals einem Drittel der Bevölkerung dieser Stadt. Das heutige Erdbeben war dennoch für Marokko das instrumentell stärkste gemessene Erdbeben des 20. und 21. Jahrhunderts (Magnitude 6,9), wenn auch nicht das zerstörerischste. Das letzte Erdbeben vergleichbaren Ausmaßes in Marokko ereignete sich vermutlich 1624 in der Nähe der Stadt Fès.

Bauvorschriften in dem betroffenen Gebiet

Seit 2004 gibt es in Marokko eine seismische Bauordnung (RPS 2000), die 2011 überarbeitet wurde. Seit 2014 ist eine weitere seismische Verordnung speziell für Erdbauten in Kraft. Das in der vergangenen Nacht betroffene Gebiet liegt in der Zone 3 der Erdbebenbauordnung, wobei dies die Zone mit den strengsten Vorschriften ist, was erdbebensicheres Bauen angeht. Die Region des Hohen Atlas wurde von den Behörden und der wissenschaftlichen Gemeinschaft demnach bereits als risikoreich eingestuft. Die Verformungsgeschwindigkeit einzelner Verwerfungen ist jedoch gering, so dass die Zeitspanne zwischen schadensreichen Beben sehr lang ist (über 100 Jahre). Die Bevölkerung hat also vermutlich nicht mit Beben gerechnet.

 

Fakten:

Region: Marokko

Magnitude: 6.9 (Mw)

Epizentrum: 8.41°W 31.14°N

Tiefe: 27 km         

Status: M - manuell überarbeitet

Zeit (Koordinierte Weltzeit): 2023-09-08 22:11:02 UTC

Ortszeit - Epizentrum: 2023-09-08 23:11:02 GMT+1

Zeit in Deutschland: 2023-09-09 00:11:02 MESZ

 

Aktuelle Erdbebeninformationen:

Das am GFZ betriebene Netzwerk GEOFON stellt seismische Daten und Erdbebenparameter über den Earthquake Explorer bereit. Am globalen Messnetzwerk sind neben dem Deutschen GeoForschungsZentrum zahlreiche Partnereinrichtungen beteiligt.
 

*Diese Meldung wurde am 15.9.2023 ergänzt. Bereits bestehende Informationen wurden nicht verändert.

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