Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Hintergrund zum heutigen Erdbeben in der Nordwest-Türkei

Hintergründe zum Erdbeben der Magnitude Mw6.1 am 23.11.2022 in der Nordwest-Türkei, etwa 200 Kilometer östlich vom Ballungsraum Istanbul.

Heute, am 23.11.2022, ereignete sich in der Nordwest-Türkei um 01:08 UTC ein Erdbeben der Magnitude Mw6.1. Das Epizentrum lag in der Nähe der Stadt Düzce, etwa 210 Kilometer östlich vom Ballungsraum Istanbul mit seinen mehr als 16 Millionen Einwohnern. Das Erdbeben war sowohl in Istanbul als auch in Ankara spürbar (Quelle: BBC online).

Das heutige Erdbeben ist von moderater Stärke und hat in den oberen 10 Kilometern an der Nordanatolischen Verwerfungszone stattgefunden. Entlang dieser Zone bewegt sich die Anatolische Erdplatte westwärts mit etwa 2,5 Zentimetern pro Jahr relativ zur Eurasischen Erdplatte. Durch Reibung in der Erdkruste wird dabei elastische Energie aufgestaut, die sich dann in unregelmäßigen Abständen in Form von Erdbeben entlädt.

Marco Bohnhoff, GFZ-Erdbebenexperte für die Region:

„Der Bereich des heutigen Erdbebens wurde bereits 1999 durch zwei starke Erdbeben mit Magnituden von 7.4 (Izmit/Kocaeli) und 7.1 (Düzce) aktiviert. Von besonderer Bedeutung sind Erdbeben in dieser Region, weil weiter westlich unterhalb des Marmarameeres vor Istanbul eine sogenannte ‚seismische Lücke‘ existiert, entlang derer ein Erdbeben mit einer Magnitude bis zu 7.4 zu erwarten ist. Im Falle eines solchen Erdbebens ist mit zehntausenden Todesopfern und einem Vielfachen an Obdachlosen sowie massiver Beeinträchtigung der Infrastruktur zu rechnen“, sagt Marco Bohnhoff, Leiter der Sektion „Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren“ und Erdbebenexperte des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ für diese Region.

Zum Mechanismus des Bebens

Der Mechanismus des heutigen Erdbebens ist eine rechtslaterale Seitenverschiebung und entspricht damit dem bekannten tektonischen Deformationsmuster. Während des Bebens haben sich die beiden Erdplatten horizontal seitwärts verschoben und damit einen Teil der durch die Plattenbewegung aufgestauten Energie freigesetzt. „Bemerkenswert ist dies deswegen, weil dieser Bereich seit 1999 eigentlich als ‚seismisch entlastet‘ angesehen werden kann und der Ladeprozess hin zu einem nächsten starken Erdbeben an dieser Stelle läuft“, so Bohnhoff. Auf die seismische Lücke vor Istanbul hat dieses Erdbeben heute aller Voraussicht nach keinen Einfluss.

Abbildung und GEOFON-Link:
http://geofon.gfz-potsdam.de/eqinfo/event.php?id=gfz2022wxsg&from=email

 

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