Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Erdbebenwellen können Vulkane auch dämpfen

Experiment am Rütteltisch zeigt Auswirkung von Beben auf Vulkane.

Erdbeben und vulkanische Aktivität hängen auf komplexe Weise miteinander zusammen: Es gibt eine Reihe von Belegen dafür, dass große Erdbeben vulkanische Aktivität auslösen, aber es gibt auch Beispiele für den gegenteiligen Effekt, also für vulkanische Aktivität gedämpft infolge eines Erdbebens. So führte das Beben der Magnitude 9 von Tohoku im Jahr 2011, das einen verheerenden Tsunami und die Reaktorkatastrophe in Fukushima verursacht hatte, nicht nur zur Aktivitätsauslösung an manchen Vulkanen, sondern auch zu einer Landabsenkung bei einigen anderen vulkanischen Gebieten. Eigentlich würde man eine Hebung des Bodens erwarten, da man annimmt, dass ein solches Erdbeben den Druck des Magmas im Untergrund erhöht. Doch stattdessen passierte das Gegenteil.

Welcher Mechanismus könnte gleichzeitig die positiven und negativen vulkanischen Reaktionen auf Erdbeben erklären? Ein Team von Forschenden aus Japan, Deutschland, Italien und den USA, das von einem japanisch-deutschen Austauschprogramm finanziert wird, hat jetzt den Resonanzeffekt von Vulkangebirgen beim Durchlauf seismischer Wellen simuliert und dabei eine Erklärung für die paradoxen Effekte gefunden. Die Arbeit wurde jüngst online in der Fachzeitschrift Geology veröffentlicht.

Vulkane bilden häufig Berge oder Bergketten. Diese können während eines Erdbebens ähnlich wie ein Wolkenkratzer ins Schwingen kommen. In einem Labor des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam simulierten die Forschenden solche Schwingungen eines Vulkanberges. Sie schufen einen Miniaturvulkan aus Gelatine, spritzten Wasser und Luft in unterschiedlichen Anteilen hinein und platzierten ihn auf einem Rütteltisch.

Das Rütteln führte dazu, dass ein Teil des Gelatine-Vulkans anfing zu oszillieren. In der Gelatine entstanden Zonen der Verdichtung (Kompression) und der Entspannung (Dilatation). Eine mit Polarisationsfiltern bestückte Kamera hielt das Geschehen fest. Die Kompressionen und Dilatationen drückten die Fluide im Minivulkan in alle Richtungen, je nach Eigenschaft der Flüssigkeit. Gasreiche Flüssigkeiten, die in geringer Tiefe gelagert wurden, stiegen auf, während dichtere Flüssigkeiten abwärts sanken oder seitlich wanderten. Diese Bewegungen erfolgten etwa hundertmal schneller als ohne Schütteln.

Diese Experimente können sowohl anregende als auch dämpfende Auswirkungen erklären, weil Flüssigkeiten je nach Gasanteil und Eigenschaften nach oben oder unten wandern. Die Fluidmigration ist am effizientesten, wenn die Schwingungsfrequenz nahe an der Resonanzfrequenz des Berges liegt. Die Resonanzfrequenz für einen 30 Kilometer breiten vulkanischen Bereich, beispielsweise dort, wo eine Absenkung beobachtet wurde, beträgt ~ 0,07 Hertz. Nur große Erdbeben, bei denen ein Bruch entlang von etwa 100 Kilometer langen geologischen Störungszonen auftritt, können bei so niedrigen Frequenzen zu Resonanzschwingungen führen.

Dies passt zu der Beobachtung, dass große Erdbeben am wirksamsten sind, um vulkanische Aktivität auszulösen. Manchmal sind die Auswirkungen eines Bebens größer als Magnitude 8 sogar bei Vulkanen weltweit zu bemerken. Resonanzschwingungen von Vulkanen können daher wohl Prozesse im Inneren der Vulkane verstärken und deren Wirkung beschleunigen – manchmal mit einer Erhöhung des Drucks, manchmal mit einer Verminderung.

Originalstudie: Namiki, A., Rivalta, E., Woith, H., Willey, T., Parolai, S., Walter, T.R., 2018. Volcanic activities triggered or inhibited by resonance of volcanic edifices to large earthquakes. Geology. DOI: 10.1130/G45323.1

Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr.
Eleonora Rivalta
Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Telegrafenberg
14473 Potsdam
Tel.: +49 331 288-28659
Email: eleonora.rivalta@gfz-potsdam.de

Medienkontakt:
Dipl.-Geogr. Josef Zens
Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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