Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

KlimZell - Klimadynamik des letzten Jahrtausends rekonstruiert mit Hilfe von Zellstrukturmessungen an Kiefern und Eichen in NO-Deutschland und N-Polen

Nach dem Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) findet die globale Erwärmung zweifellos statt. Außerdem wird sich die Dynamik der regionalen und saisonalen Klimaveränderungen unterschiedlich darstellen. Modellvergleiche weisen darauf hin, dass einige Erdteile und bestimmte Jahreszeiten stabile oder in einigen Fällen sogar sinkende Temperaturen erleben. Um diese speziellen regionalen und jahreszeitlichen Trends besser verstehen zu können, richtet die Paläoklimatologie ihr Hauptaugenmerk auf die Analyse langer Klimarekonstruktionen. Jahrringbasierte Temperaturrekonstruktionen bilden den größten Teil der Datenbasis des IPCC-Berichtes. In den bisherigen Temperaturrekonstruktionen zeigte sich ein Anstieg der Temperaturen für die letzten Jahrzehnte. Ein Hauptkritikpunkt ist jedoch, dass der Großteil der verwendeten Jahrringchronologien aus Probebäumen nahe der Waldgrenze, z.B. den Alpenregionen und dem nördlichen Skandinavien stammt. Das trifft insbesondere zu für Jahrringchronologien, die weiter als 500 Jahre zurückreichen. Im Gegensatz dazu fehlen völlig lange Temperaturrekonstruktionen auf der Grundlage von Bäumen, die weit entfernt von der Waldgrenze wachsen. Somit sind diese auch nicht Teil der IPCC-Datenbasis, was eine entscheidende Lücke in der internationalen Paläoklimadatenbank darstellt. Zum Beispiel gibt es keine tausendjährige Temperaturrekonstruktion für die gemäßigten Tiefländer Europas. Neuere Studien zeigen jedoch, dass solche Rekonstruktionen langfristige Trends aufweisen können, die sich von denen der Waldgrenzstandorte unterscheiden, und somit Zweifel an der Repräsentativität der hemisphärischen und globalen Rekonstruktionen für die gemäßigten Tiefländer in Europa aufkommen lassen. Diese Datenlücke besteht bis heute, weil die Dendroklimatologie an Standorten der gemäßigten Tiefländer bisher nicht funktionierte. Drei Hauptgründe dafür gibt es: diffuse Klima-Wachstumsbeziehungen, nur kurze Chronologien mit nur wenigen alten Bäumen und der mögliche Verlust der niederfrequenten Klimasignale durch zu kurze Probensegmentlängen. Dieses Dilemma kann durch die Analyse von anderen Jahrringparametern, zusätzlich zu den Breiten, z.B., stabile Isotope oder Zellstrukturen, gelöst werden, aber die Messung dieser Parameter ist sehr zeitaufwendig. Eine kürzlich von uns entwickelte Methode verringert den Aufwand für die Erstellung von Zellstruktur-Chronologien und erste Untersuchungen haben gezeigt, dass solche Chronologien signifikante Klimasignale und somit ein großes Potenzial für Klimarekonstruktionen in den gemäßigten Tiefländern in Europa besitzen. Daher ist das Kernziel dieses Projektes mehrhundertjährige Zellstruktur-Chronologien für NE-Deutschland und N-Polen zu entwickeln, die wir dann für langfristige Rekonstruktionen nutzen werden. Anschließende Analysen werden die Klimadynamik und zugrunde liegende Modi wie z.B. die Nordatlantische Oszillation unter anderem mithilfe von Klimasimulationen untersuchen.

Partner:
Deutsches Archäologisches Institut, Referat Naturwissenschaften/Dendrochronologie, Berlin, Deutschland (Karl-Uwe Heußner)
Nicolaus Copernicus Universität, Institute for the Study, Restoration and Conservation of Cultural Heritage, Torun, Poland
University of Arizona, Laboratory of Tree-Ring Research, 1215 E Lowell St, Tucson, AZ 85721 USA (Tomasz Wazny)
Humboldt University Berlin, Geographisches Institut, Klimageographie, Berlin, Deutschland (Christoph Schneider)

Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG),  259353585

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