Sektion 1.1: Geodätische Weltraumverfahren

Sektion 1.1 nutzt die als GNSS (Global Navigation Satellite Systems) zusammengefassten globalen Navigationssatellitensysteme (GPS, GLONASS, BeiDou  und Galileo) als äußerst leistungsfähige und vielseitige Werkzeuge der Geoforschung speziell zur Beobachtung des komplexen Erdsystems. Das Spektrum unserer Forschungsarbeiten ist dabei äußerst vielfältig. Es reicht von der hochgenauen Messung der Bewegung von Kontinentalplatten mit mm/Jahr-Genauigkeit, über die regionale und globale Sondierung der Atmosphäre und Ionosphäre bis hin zur Fernerkundung von Ozean- und Eisoberflächen und Untersuchungen zu satellitenbasierten Frühwarnsystemen. Zusätzlich entwickeln wir spezielle Satellitennavigationsempfänger und Auswertesoftware für geowissenschaftliche Anwendungen.

So verwenden wir spezielle geodätische Empfänger zur millimetergenauen Erfassung der Bewegung von Lithosphärenplatten oder zum Monitoring geophysikalischer Vorgänge bei einem Erdbeben in Echtzeit. Außerdem messen wir vertikale Bewegungen als Folge der Änderung von Auflasten wie Schnee und Wasser sowie die Hebung der Erdoberfläche als Folge der letzten Eiszeit.

Sektion 1.1 trägt mit 26 weltweit verteilten GNSS-Stationen zum globalen GNSS Stationsnetz des International GNSS Service (IGS) bei. Als IGS Analysezentrum stellen wir hochgenaue GNSS Bahn- und Satellitenuhrprodukte für GPS+GLONASS und, als Teil des IGS Multi-GNSS Experiment and Pilot Project, für alle GNSS zur Verfügung. Im Rahmen des IGS Echtzeit-Service betreibt Sektion 1.1 ein Echtzeit-Analysezentrum. Die Registrierung und Auswertung von GNSS-Daten in Echtzeit spielen hierbei eine wichtige Rolle. Ergänzt wird dies mit der sogenannten Multisensor-Fusion, also der gleichzeitigen Verwendung von GNSS und anderen Sensoren wie z.B. IMU (Inertial Measurement Units).

Die Satellitensignale werden auf ihrem Weg durch die Atmosphäre verändert. Dieser Effekt ist einerseits eine Fehlerquelle für präzise Navigation und Positionsmessungen, erlaubt andererseits jedoch die Gewinnung von Informationen über die Ionosphäre und die Troposphäre selbst. Diese Idee nutzen wir beispielsweise bei sog. Radiookkultationsmessungen. Dabei analysieren wir jene Signale, die niedrigfliegende (low Earth orbiting, LEO) Satelliten wie CHAMP (2000-2010) oder eine Reihe internationaler Missionen wie GRACE, GRACE-FO,  TerraSAR-X, TanDEM-X, Metop oder COSMIC immer dann aufzeichnen, wenn die GPS-Satelliten für den LEO-Satelliten hinter dem Horizont auftauchen oder untergehen. Wichtigste Ergebnisse solcher Messungen sind die globale Verteilung von Temperatur und Wasserdampf in verschiedenen Höhen der Atmosphäre, die zur Verbesserung von Wettervorhersagen oder zur Identifizierung von Klimavariationen der Erdatmosphäre genutzt werden. Auch Informationen über die Elektronendichte in der Ionosphäre und das Weltraumwetter können gewonnen werden.

Die GNSS-Signale im L-Bandbereich (1,2 und 1,5 GHZ) werden von Wasser- und Eisflächen reflektiert. Wir erforschen, wie sich diese zurückgeworfenen oder gestreuten Radiowellen geowissenschaftlich nutzen lassen. So können wir mit diesen Signalen die Oberfläche von Gletschern und der riesigen Eisflächen in Grönland und der Antarktis kartieren. Wir können daraus aber auch Windrichtung und -geschwindigkeit über den weiten Ozeanoberflächen sowie auch Wellenhöhen berechnen.

Die Radiointerferometrie auf langen Basislinien (very long baseline interferometry; VLBI) ist ein geodätisches Weltraumverfahren, das es ermöglicht, wichtige geodätische Parameter zu bestimmen. Als Analysezentrum des IVS (Internationaler VLBI-Dienst für Geodäsie und Astrometrie) tragen wir zu den terrestrischen und himmelsfesten Referenzrahmen (ITRF und ICRF) bei, die wesentliche Produkte der globalen Geodäsie sind. Unsere VLBI-Arbeiten erlauben viele wissenschaftliche Untersuchungen, wie die Bestimmung von atmosphärischen Parametern aus VLBI oder die Untersuchung von Radioquellenstruktureffekten auf die VLBI-Observablen.

Ein neuer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Kombination verschiedener geodätischer Weltraumverfahren (GNSS, VLBI, SLR, DORIS) im Sinne von GGOS, dem Globalen Geodätischen Beobachtungssystem (Global Geodetic Observing System) der IAG (International Association of Geodesy). Mehrere Studien wurden zudem über den zusätzlichen Vorteil der Kollokation im Weltraum durchgeführt, wobei Satelliten mehrere der geodätischen Weltraumverfahren an Bord aufweisen, wie z.B. einen VLBI-Sender.

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