Nutzung multispektralen MOMS-02 Daten zur geologischen Interpretation und Erfassung von Landnutzungsänderungen
Das deutsche MOMS-02-Sensorsystem (Modular Optoelectronic Multispectral Scanner) wurde 1993 während der D2-Shuttlemission erfolgreich getestet und war danach von 1996-98 in modifizierter Form (MOMS-02P) auf der russischen Weltraumstation MIR im Einsatz. Neben anderen Aufnahmemöglichkeiten bietet besonders der multispektrale Aufnahmemodus B (4 Spektralkanäle mit räumlicher Auflösung von 18 m x 18 m; Band 1: 440-505 nm; Band 2: 530-575 nm; Band 3: 645-680 nm; Band 4: 770-810 nm) gute Grundlagen für geologische und strukturgeologische Interpretationen, die als Modellfälle in ariden (Australien, Äthiopien) und semiarid-humiden Gebieten (Kirgisien) erfolgten.
Die Kanalzentrierungen und -breiten sind darauf ausgerichtet, daß z. B. durch Bandkombination 1/3/4 besonders Aussagen für Vegetationsuntersuchungen (u. a. Veränderungen in der Landnutzung), durch die Kombination 1/2/4 geologische Interpretationen durch die Unterscheidbarkeit von 2+ und 3+-wertigen Eisen in Böden/Mineralen und Gesteinsoberflächen verbessert werden können.
Beispiel 1: Landnutzungsänderung eines besiedelten Hochplateaus im nördlichen Bereich des Amharen-Hochlandes (NW des Lake Tana/Äthiopien)
Die tiefgreifenden Gefahren, die sich aus dichter Besiedlung und intensiver Landwirtschaft für die Hochgebirgsregion (besonders Bodenerosion) ergeben, lassen sich aus einem Vergleich einer erhobenen Landnutzungskartierung von 1977 und dem Aufnahmezeitpunkt der MOMS-Daten (Dez. 1996) erkennen.
Die Daten ermöglichen eine differenzierte Trennung von Feldbauflächen sowie Wald- und Buschland. Die stärksten Veränderungen der Landnutzung sind im Bereich des Bembiya-Flusses erkennbar. Oberhalb der Orte Gilbena und Atita ist der breite Saum von Buschland bis lockerem Baumbewuchs zwischen den höher liegenden Weiden und dem kultivierten Land verschwunden. Die Feldbaufläche wurde anscheinend auf Kosten der natürlichen Vegetation hangaufwärts vergrößert. Auch oberhalb der Ortschaft Sabna und an allen Hängen oberhalb der Ortschaft Felashasigi liegt ein derartiger deutlicher Rückgang von Buschland und natürlicher Vegetation vor. Im Vergleichsgebiet dürften etwa 20% der natürlichen Vegetationsflächen in den letzten 20 Jahren verloren gegangen sein.
Beispiel 2: Geologische Strukturkartierung von Vulkaniteinheiten (Äthiopien)
Das Interpretationsbeispiel aus dem Nordteil des Äthiopischen Hochlands zeigt einen Teilbereich aus dem Westplateau des Äthiopischen Riftsystems (Teil des rezenten Afro-Arabischen Rifts). Der dargestellte Ausschnitt liegt am NE Hang des Semien Vulkans, der mit ca. 4600 m im Gipfelbereich der höchste Vulkan Äthiopiens ist. Die vielfach gestörten basaltischen bis ignimbritisch-rhyolithischen Vulkanitdecken sind Ausdruck der Dehnungstektonik in den ältesten Phasen der Riftentstehung, mit denen vor 40 - 15 Mio. Jahren (Eozän - Miozän) das Auseinanderbrechen des Afrikanischen Kratons begann.
Die Satellitendaten sind mit einem digitalen Höhenmodell (DEM) kombiniert (Basisdaten des globalen 30''-Gittermodells des US-Geological Survey / EROS Data Center). Die kombinierte Interpretation beider Datensätze (oben) erlaubt eine detaillierte Feingliederung der regionalen tertiären Hauptvulkanit-Assoziationen (Termaber-, Amba Aiba- und Ashangi-Basalte). Die Vulkanite überlagern Plattformsedimente der mesozoischen Tekazze-Sandsteine (aufgeschlossen nur im Tal des Kukayni Wenz). Die Sensorkonfiguration (Bänder 2 und 4 /Fe-Modifikationen) ermöglicht in Kombination mit der Bodenauflösung von etwa 18 m Feingliederungen der angewitterten Vulkaniteinheiten. Dabei wird klar, daß die regionalen Haupteinheiten (Mächtigkeit von 2000 m) sich aus verschiedenen Basaltdecken zusammensetzen, die aus einzelnen 80-400 m mächtigen Basaltergüssen bestehen. Diese detaillierte Gliederung erlaubt auch die Ableitung von einzelnen Bruchetappen der vulkanotektonischen Einbruchsstrukturen. In unserem Beispiel (unten) sind miozäne staffelförmige vulkano-tektonische Abbrüche an der Flanke eines Grabenbruchsystems, dem jetzt das Tal des Kukanyni folgt (unterer Bilddteil), zu erkennen. Dieses Bruchsystem versetzt auch ein quer dazu verlaufendes älteres ?oligozänes Einbruchsystem, das bereits vor der Effusion der Termaber-Basalte aktiv war. Die Versatzbeträge können im Bildbereich bis etwa 700 m erreichen.
In Kooperation mit dem Geologischen Dienst von Israel werden gegenwärtig auf der Basis der MOMS-Daten charakteristische Struktureinheiten aus einem 400 km langen Profilabschnitt in NE-Äthiopien strukturgeologisch untersucht (präkambrisches Basement/Mareb-Granit, mesozoische Plattformeinheiten/Mekele Outlier , tertiäre Trappbasalte und Schildvulkane/Semien sowie känozoische Vulkanite/Danakil und Alid Volcanic Range).