Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Verbessertes Tsunami-Frühwarnsystem

Flankenkollapse an Küstenbereichen und an Vulkanen können sogenannte atypische Tsunamis auslösen. Dank des Projekts "Tsunami_Risk" werden solche Gefahren im indonesischen Frühwarnsystem berücksichtigt

Am 22. Dezember 2018 rutschte eine Flanke des Vulkans Anak Krakatau in die Sundastraße ab, eine Meerenge zwischen den indonesischen Inseln Sumatra und Java. Der Flankenkollaps löste einen Tsunami aus, durch den mindestens 430 Menschen starben. Und das, obwohl Indonesien über ein modernes Tsunami-Frühwarnsystem verfügt. Das Problem: Es handelte sich bei der fatalen Hangrutschung und der folgenden Überflutung um ein so genanntes atypisches Tsunami-Ereignis. Atypisch deshalb, weil es nicht durch ein Erdbeben mit vertikaler Bodenbewegung ausgelöst wurde. Gängige Frühwarnsysteme basieren auf der seismischen Erfassung, weshalb die atypischen Tsunami bislang nicht erkannt werden.

Um solche Ereignisse künftig auch mit existierenden Frühwarnsystemen erfassen zu können, hatte sich vor drei Jahren eine internationale Gruppe von Forschenden unter Federführung des GFZ im Projekt „Tsunami_Risk“ zusammengeschlossen. Dieses Projekt ging kürzlich mit einem Abschlussworkshop am GFZ zu Ende. Vom 18. bis 21. Februar 2024 wurden die Erfolge des Projektes zusammengefasst und Anschlussarbeiten diskutiert. Eine eingeladene 10-köpfige Delegation der Nationalen Agentur für Forschung und Innovation (BRIN), dem Amt für Meteorologie, Klimatologie und Geophysik (BMKG), sowie verschiedener Universitäten aus Indonesien unterstützt insbesondere die Verwertung der Ergebnisse in Indonesien. Bei dem Workshop wurden auch neue und innovative Methoden und Ergebnisse der Arbeitspakete des Forschungsprojektes vorgestellt. Mit dabei waren Vertreter:innen aller beteiligten Institute, u.a. des GFZ, DLR, der FU und TU Berlin, TU Braunschweig, THW,  Gempa, aber auch des BMBF, der Deutschen Botschaft in Jakarta und vielen anderen. Die Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, Prof. Dr. Susanne Buiter, eröffnete die Veranstaltung und erwähnte dabei auch die Gefahr atypischer Tsunami in unseren Regionen, beispielsweise vor Norwegen.

Das Projekt „Tsunami_Risk“

Die Beteiligten bei „Tsunami_Risk“ hatten sich zum Ziel gesetzt, die Gefahren atypischer Tsunamis besser zu verstehen und die Frühwarnung zu überprüfen, insbesondere bei durch Hangrutschungen ausgelösten Tsunamis. Gleichzeitig zielte das Projekt darauf ab, Empfehlungen für die Politik zu erarbeiten. Daher adressierte das Projekt auch sozial- und gesellschaftswissenschaftliche Aspekte des Risikomanagements.

GFZ-Schwerpunkte waren die Identifizierung von Risikogebieten, die Vulkanüberwachung per Radar-Fernerkundung und Modellierung, sowie die seismische Überwachung. Die GFZ-Expert:innen erstellten mithilfe von umfangreichen Datenbanken und statistischen Methoden Gefährdungskarten für Regionen, die durch von Hangrutschungen ausgelösten Tsunamis bedroht sind. Dabei wurde eine Regionalisierung der Gefahren festgestellt, was beispielsweise heißt, daß Vulkane insbesondere im östlichen Indonesien zu Tsunamis führen, wohingegen Erdbeben entlang des gesamten Archipels auftreten. Überdies haben die beteiligten Wissenschaftler:innen die Ausbreitungszeit von Tsunamiwellen noch genauer als bisher modelliert, und können mit seismischen Daten das charakteristische niederfrequente „Kratzen“ von rutschenden Gesteinsmassen orten. Noch bevor Hänge abgleiten sind zumeist sehr deutliche Verformungen und Veränderungen der Vulkane erkennbar. Dieses Wissen soll in die verbesserte Überwachung der Regionen einfliessen.

Die Wissenschaftler:innen untersuchten darüber hinaus aber auch inwiefern lokale Entscheidungsträger:innen und die Bevölkerung involviert und informiert werden können, was das Risikomanagement und die Katastrophenvorsorge auf kommunaler Ebene einschließt. Die Arbeiten an den Empfehlungen für den Transfer des Wissens in die Praxis dauern noch an, sind aber in enger Abstimmung mit BRIN und BMKG weitgehend fertiggestellt. Die Empfehlungen für die Politik hingegen wurden bereits in einem Strategiepapier dargelegt. Dieses wird nun von den indonesischen Partnerorganisationen an die indonesische Regierung herangetragen.  

Link zur Projektwebseite

Projektpartner in Deutschland

  • Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)
  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)
  • Freie Universität Berlin (FUB)
  • Technische Universität Berlin (TUB)
  • Technische Universität Braunschweig (TU-BS), Leichtweiß-Institut für Wasserbau und Wasserressourcen
  • Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)

Projektpartner in Indonesien

  • Universitas Indonesia (UI)
  • Institut Teknologi Bandung (ITB)
  • Universitas Gadjah Mada (UGM)
  • Indonesian Institute of Sciences (LIPI)
  • Indonesian Agency for Meteorology, Climatology and Geophysics (BMKG)
  • National Institute of Aeronautics and Space (LAPAN)
  • The Agency for the Assessment & Application of Technology (BPPT)
  • National Disaster Management Authority (BNPB)
  • Geological Agency of Indonesia (Badan Geologi)

Informationen zur Förderung
Mit der Fördermaßnahme „CLIENT II – Internationale Partnerschaften für nachhaltige Innovationen“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nachfrageorientierte Forschungskooperationen mit ausgewählten Schwellen- und Entwicklungsländern.

Wissenschaftlicher Kontakt

Arbeitsgruppenleiter
Prof. Dr. Thomas Walter

Medien Kontakt

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