Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Unverzichtbar und einzigartig: Die GRACE-Missionen

Gravity Recovery and Climate Experiment – GRACE

Die deutsch-amerikanische Satellitenmissionen GRACE und GRACE-FO liefern uns seit 2002 Daten, aus denen wir hochauflösende Modelle des Erdschwerefelds berechnen. Auf diese Weise lassen sich Massenveränderungen auf monatlicher Basis erfassen, etwa das Schmelzen der kontinentalen Eismassen in der Arktis und Antarktis, Veränderungen im globalen Wasserkreislauf oder die Anteile des Schmelzwassers am Meeresspiegelanstieg.

Auch die Dürrejahre in Europa und sogar das katastrophale Hochwasser im Ahrtal und angrenzenden Regionen zeichnen sich deutlich in den Schwerefeldkarten ab. Jetzt planen wir die dritte Generation der erfolgreichen Satelliten-Tandems, um die weltweit einzigartige Datenreihe nicht abreißen zu lassen.

Im jüngsten Bericht des zwischenstaatlichen Expertengremiums für den Klimawandel IPCC (IPCC Assessment Report 6 WG-1) gehören GRACE/GRACE-FO zu den drei meistgenannten Satellitenmissionen. Die deutsche Raumfahrt und die Wissenschaftsgemeinde, die die Schwerefelddaten produzieren und nutzen, haben dadurch erheblich Sichtbarkeit gewonnen.

Mehr zur Mission GRACE (2002 bis 2017)
Mehr zur Mission GRACE-Follow-On (seit 2018)

Neues Informationsportal zu den GRACE-Satellitenmissionen

So funktioniert die Datenerhebung

Die GRACE-Satelliten liefern wichtige Hinweise auf Auswirkungen des Klimawandels durch die kontinuierliche, monatliche Messung der Veränderungen des Erdschwerefeldes. Zwei baugleiche Satelliten umkreisen die Erde in etwa 490 km Höhe auf einer Umlaufbahn, die sie über die Pole führt. Abhängig von der Masse, die sie gerade überfliegen, ändert sich ihr Abstand zueinander.

Mithilfe von Mikrowellen ermitteln die Satelliten diesen Abstand kontinuierlich und ultrapräzise: Sie messen mit der Genauigkeit eines Zehntels einer Haaresbreite über einen Abstand von rund 220 Kilometern. Auf GRACE-FO ermöglicht ein maßgeblich in Hannover entwickeltes Messinstrument für zukünftige Schwerefeldmissionen sogar, diesen Abstand mit Hilfe von Lasersignalen noch einmal etwa dreißigmal präziser zu messen.

Mehr zur Messmethode im Video:  Anschauen | 4:10 min
Quelle: Filmhaus Berlin / GFZ

Blick unter die Erdoberfläche aus dem All

Das mit GRACE realisierte Messprinzip ist das bislang einzige Verfahren, das Änderungen im Wasserkreislauf sogar bis weit unter der Oberfläche beobachten kann. Das schließt auch Grundwasserschwankungen mit ein, die somit erstmals von Satelliten aus vermessen werden können. Die Daten zum kompletten Wasserspeicher ("Terrestrial Water Storage") sind somit ein wichtiger Beitrag, um den Klimawandel zu beobachten und über Anpassungsmaßnahmen entscheiden zu können. Ebenso dienen die Daten einem verbesserten Management von zunehmend gestressten Wasserressourcen, wie wir sie in weltweiten Dürren oder der Abnahme von Grundwasser aktuell beobachten.

Aus den kontinuierlichen Abstandsänderungen der beiden Satelliten errechnet das GFZ monatliche Karten des Schwerefeldes und leitet daraus die Veränderungen im globalen Wasserkreislauf ab. Die Daten und Karten stehen Forschenden weltweit kostenlos und ohne Zugangsbeschränkungen zur Verfügung, etwa über das GFZ-Informationsportal "Gravity Information Service (GravIS)".

Zum Gravity Information Service (GravIS) (englisch)
Zum Global Groundwater Product (englisch)

GRACE-FO-Daten: Das Hochwasser im Ahrtal

Über den Westen Deutschlands und angrenzender Staaten zog im Juli 2021 ein Starkregengebiet und verursachte eine Hochwasserkatastrophe. Betroffen waren vor allem Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und die Nachbarländer Holland und Belgien. Die drei Karten zeigen anhand von GRACE-FO-Daten die Abweichungen des kompletten Wasserspeichers in den Monaten Juni, Juli und August 2021. Zu sehen ist, dass im Juni der Boden zu trocken ist, im Juli ist der Boden durch den Starkregen übersättigt. Aber schon im August nahm die Bodenfeuchte wieder drastisch ab. Diese Daten von GRACE-FO unterstreichen, dass bei Starkregenereignissen viel Wasser oberflächlich abläuft und kaum Wasser im Boden gespeichert wird.

GRACE-FO-Daten: Dürre in Europa

Seit 2018 sind die meisten Sommer in Europa viel zu trocken. Das führt zu teilweise dramatischen Grundwasserdefiziten. Die Karten zeigen die Regionen, wo jeweils im Mai der letzten drei Jahre der gesamte Wasserspeicher (Terrestrial Water Storage; TWS) ein Defizit aufwies. Drastisch ist die Situation in der Ukraine, aber auch weite Teile Deutschlands sind seit Jahren von Dürre und Wassermangel betroffen. TWS ist ein so genannter essenzieller Klima-Parameter des Global Climate Observing Systems und nur die GRACE-Missionen sind in der Lage, diesen Wert global zu ermitteln.


Fragen und Antworten zu GRACE

Die Satellitenpaare von GRACE (Gravity Recovery and Climate Experiment; 2002–2017) und GRACE-FO (GRACE Follow-on, seit 2018) messen regionale Änderungen des Schwerefeldes der Erde. Sie „sehen“ damit Massenverlagerungen, zum Beispiel das winterliche Anwachsen und sommerliche Abschmelzen des Eisschildes auf Grönland. In der Bilanz verliert alleine Grönland jedes Jahr rund 280 Milliarden Tonnen an Eis. Es können aber auch großräumige Grundwasserveränderungen vom All aus erfasst werden. Wichtig sind die Ergebnisse zum Beispiel, um zu quantifizieren, welchen Anteil schmelzendes Eis am Anstieg des Meeresspiegels hat und welchen Anteil die thermische Ausdehnung des sich erwärmenden Wassers hat.

Aus den auf den Satelliten kontinuierlich beobachteten Abstandsänderungen und anderen Messdaten errechnen Forscher:innen am GFZ monatliche Karten des Schwerefeldes und leiten daraus die resultierenden Massentransporte ab. Die Daten und die Karten stehen der Wissenschaft weltweit kostenlos zur Verfügung. Aktuell basieren fast 2.700 wissenschaftliche Veröffentlichungen auf den Daten von GRACE und GRACE-FO. 

GRACE startete im März 2002 und endete im Dezember 2017. Im Mai 2018 startete die Nachfolgemission GRACE-FO, und diese fliegt bislang störungsfrei. Ihre nominelle Missionsdauer endet im Mai 2023. Insgesamt entstand so in den vergangenen 20 Jahren eine einzigartige Langzeitreihe monatlicher Schwerefeldkarten.

Die bislang vorliegenden Daten der Missionen dokumentieren großräumige Massenveränderungen im System Erde, die von anderen Missionen nicht detektiert werden können. Die Auswirkungen der vielfältigen und komplexen Rückkopplungen menschlichen Handelns auf den globalen Wasserkreislauf und das Klimasystem müssen dauerhaft beobachtet werden. Nur damit können sie verlässlich in Modellen abgebildet werden, welche für Prognosen von zukünftigen Entwicklungen unerlässlich sind.

Ziel der Nachfolgemission ist es, ab 2027 mindestens 7 weitere Jahre vergleichbar abzubilden, um dann über eine vollständige 30-jährige Klimaperiode Daten zur Verfügung zu haben. Außerdem werden momentan Prototypen für operationelle Dienstleistungen (z. B. globales Grundwassermonitoring) entwickelt, die von der künftigen Verfügbarkeit von Massentransportdaten abhängen. Fortlaufend verfügbare TWS-Daten sind daher essentiell, um den Klimawandel auf regionalen und globalen Skalen besser beurteilen und über notwendige Managementmaßnahmen entscheiden zu können. Eine Unterbrechung oder sogar das Ende der Zeitreihe ist daher unbedingt zu vermeiden.

Um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten, ist die Nachfolgemission in weiten Teilen baugleich mit GRACE-FO und GRACE. Die Mission wird aber als alleiniges Abstandsmessgerät das auf GRACE-FO sehr erfolgreich erprobte Laser Ranging Interferometer an Bord haben. Zusätzlich soll wie auf GRACE-FO ein Technologiedemonstrator für künftige Schwerefeldmissionen mitfliegen: ein Beschleunigungsmesser für die genauere Beobachtung von nicht-gravitativen Störbeschleunigungen wie dem solaren Strahlungsdruck oder der Restatmosphäre in Flughöhe.

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