Sektion 3.7: Geomikrobiologie
Von der Erdoberfläche bis zur Tiefen Biosphäre
Die Sektion Geomikrobiologie untersucht geomikrobiologische Prozesse sowohl an der Erdoberfläche einschließlich der “Kritischen Zone” als auch in der „Tiefen Biosphäre“. Letztere spielt eine grundlegende Rolle in den globalen Stoffkreisläufen über kurze und lange Zeitskalen. Unsere Forschung konzentriert sich auf Untersuchungen zur Entwicklung und Verbreitung mikrobiellen Lebens in terrestrischen Lebensräumen, insbesondere in extremen Habitaten wie Permafrost, Wüsten, Seesedimenten und dem tiefen Untergrund in kontinentalen Gebieten. Wir analysieren die Dynamik und Prozesse mikrobieller Gemeinschaften und die damit verbundenen komplexen geologisch-biologischen Wechselwirkungen.
Wir haben das neue Helmholtz-Labor für Integrierte Geologische und Biologische Forschung (GeoBioLab) als interdisziplinäre Plattform für gemeinsame Aktivitäten von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen wie Mikrobiologie/Molekularbiologie, (Bio-)Geochemie, Bioinformatik und Geomorphologie etabliert, um unsere wissenschaftlichen Fragestellungen in einem Umfeld mit breiter Expertise bearbeiten zu können.
Neben der Grundlagenforschung arbeiten wir auch daran, geeignete Ergebnisse in Anwendungen zu überführen. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung neuer Geräte für die Sedimentprobenahme und Probenvorbereitung oder die Nutzung der genetischen Ressource unserer einzigartigen Stammsammlung extremophiler Mikroorganismen für industrielle oder biotechnologische Anwendungen.
Die WissenschaftlerInnen der Sektion Geomikrobiologie beteiligen sich auch aktiv an der Einbindungen und Weitergabe von Forschungserkenntnissen, -errungenschaften und wissenschaftlichem Know-how in unternehmerische und geschäftliche Anwendungen.
So wurde vor kurzem wurde das GreenGate Genomics Vorhaben, im Rahmen der Helmholtz Enterprise Initiative, gestartet. In diesem, sich derzeit entwickelnden Spin-out-Projekt, bieten WissenschaflterInnen der Sektion bioinformatische Dienstleistungen, Software und Support in den Bereichen Umwelt- und molekulare Mikrobiologie an. Weitere Informationen finden Sie unter https://greengategenomics.com
Die Sektion Geomikrobiologie konzentriert sich auf vier Hauptthemen:
- Mikroorganismen als Ingenieure für die Entwicklung der Erdoberfläche: Das Verständnis der Mechanismen und Prozesse, die die Erdoberfläche prägen, ist für das Leben auf der Erde von zentraler Bedeutung. Mikroorganismen spielen dabei eine Schlüsselrolle für die Entwicklung von Sedimenten und Böden, und zeigen damit ihr enormes Potenzial, die Erdoberfläche in enger Wechselwirkung mit klimatischen und tektonischen Kräften zu formen. Unsere Forschung beinhaltet Studien zur mikrobiellen Verwitterung, zur Nährstoffakkumulation und –umsetzung sowie zu initialen Bodenbildungsprozessen.
- Mikrobielle Kohlenstoffdynamik im Klimasystem: Mikrobielle Gemeinschaften der Erdoberfläche und des Untergrundes sind verantwortlich für die Bildung und den Verbrauch von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan. Sie sind somit ein Schlüssel für klimainduzierte Rückkopplungen auf unserer Erde, die den globalen Wandel beschleunigen oder abschwächen können. Um abzuschätzen, wie Mikroorganismen auf den globalen Wandel reagieren und sich an eine veränderte Umwelt anpassen, identifizieren und charakterisieren wir mikrobielle Quellen und Senken von Treibhausgasen, bestimmen deren Prozessraten und untersuchen, inwieweit und wie schnell sich mikrobielle Gemeinschaften taxonomisch und funktionell verändern.
- Die tiefe Biosphäre: Der Porenraum in Sedimenten und Rissen in hartem Gestein bildet ein riesiges Ökosystem, das sich über den gesamten Planeten erstreckt. Trotz seiner enormen Größe haben wir immer noch geringe Kenntnisse über die Mikroorganismen in diesem Lebensraum, ihre Stoffwechselleistungen und ihre Interaktion sowohl mit ihrer geologischen Umgebung als auch mit der Erdoberfläche. Unsere Forschung konzentriert sich auf verschiedene Aspekte der tiefen Biosphäre, die ein breites Spektrum von Themen und Untersuchungsgebieten abdecken, wie beispielsweise Seen, Lebensräume im tiefen Untergrund, terrestrische Gasquellen und Permafrost.
- Astrobiologie - Habitabilität und Biosignaturen: Lebensräume auf der Erde, die durch Bedingungen gekennzeichnet sind, die auf anderen Planeten und Monden unseres Sonnensystems noch extremer sind, spielen eine wichtige Rolle in der astrobiologischen Forschung. Der Schwerpunkt der geomikrobiologischen Arbeiten am GFZ liegt auf Habitabilitätsstudien und der Bestimmung von Biosignaturen. Dazu gehören beispielsweise Lebensräume, die durch extreme Trockenheit und/oder Kälte gekennzeichnet sind, wie die Atacamawüste in Chile, eisfreie Oasen in der Antarktis oder arktischer Permafrost (siehe auch Themen 1-3). Modellorganismen aus diesen Habitaten werden verwendet, um die Grenzen des Lebens unter extremen Umweltbedingungen zu untersuchen. Dies wird durch Feldstudien, Simulationsexperimente und Low-Earth-Orbit-Experimente auf der Internationalen Raumstation (ISS) erreicht.
Unser Team
Geomikrobiologisches und Geochemisches Kolloquium
03.09. 2024, 15:00, Haus A71, Konferenzraum 513/515
"Insights into the expanded diversity and physiology of sulphur dissimilating microorganisms"
Prof. Dr. Michael Pester, Leibniz Institut DSMZ, Braunschweig und Technische Universität Braunschweig
Seminar-Programm September - Dezember 2024
Buchserie
Life in Extreme Environments (Herausgeber D. Wagner)
Band 7 zum Thema "Microbial Life in the Cryosphere and its Feedback on Global Change" (Susanne Liebner, Lars Ganzert (Eds.) ist im Januar 2021 im De Gruyter Verlag, Berlin/Bosten, erschienen.