Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Sektion 4.2: Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren

Zentrales Forschungsthema der GFZ-Sektion 4.2 ist die Entschlüsselung der physikalischen und physikochemischen Prozesse, durch die Dynamik und mechanische Eigenschaften in der Erdkruste und Mantellithosphäre kontrolliert werden. Dies umfasst die gesamte Bandbreite inhaltlicher Themen von der Geomechanik über Gesteinsphysik bis zur Rheologie von Krusten- und Mantellithosphäre und reicht damit von der Labor- über die Minen- und Reservoir-Skala bis zur Deformation an tektonischen Plattenrändern. Das angestrebte Ziel ist ein quantitatives skalenübergreifendes Verständnis der Mechanik von Deformations- und Stofftransportprozessen in der Lithosphäre (extrem-spröd bis voll duktil) und beinhaltet die Analyse ihrer raum-zeitlichen Änderungen und Skalenabhängigkeit von der atomaren Struktur bis zur regionalen Feldskala (Reservoir, Plattenrand). In unseren Laboren führen wir Experimente zu Deformationen und zu Transportvorgängen in Reservoir- und Krustengesteinen durch, beispielsweise an Graniten oder porösen Speichergesteinen wie Sandstein. In Experimenten, in denen wir Gestein aufheizen und unter hohen Druck setzen, untersuchen wir seismische und aseismische Verformungsprozesse unter kontrollierten Bedingungen und bei optimaler Überwachung. Daraus leiten wir Gesetzmäßigkeiten ab, die wir dann in der Natur in geologischen Reservoiren oder entlang von tektonischen Plattengrenzen unter nicht kontrollierbaren Rahmenbedingungen studieren. Wir messen aber auch untertage im Gelände und in tektonisch aktiven Gebieten entlang von Plattengrenzen. Hier konzentrieren wir uns auf die Analyse der Vorgänge vor, während und nach Erdbeben verschiedener Stärken. Mit unserer Forschung decken wir nicht nur Grundsätzliches über die mechanischen Eigenschaften von Gesteinen auf. Wir liefern auch physikalische Grundlagen zur Abschätzung einer Reihe von Georisiken und für geomechanische Fragestellungen bei der Erschließung des Untergrundes.

Jedes Erdbeben und jeder Bergsturz beweisen es: Fester Fels ist keineswegs so fest und haltbar, wie er im Alltag erscheint. Genügend großen mechanischen Kräften ausgesetzt, kann Gestein bersten, brechen oder sich ganz allmählich plastisch verformen. Wir untersuchen, was sich im Einzelnen bei solchen Brüchen abspielt und unter welchen physikalischen Bedingungen Fels überhaupt zu fließen beginnt, wie er also deformiert wird. Dazu steht uns ein Laboratorium zur Verfügung, das mit zahlreichen empfindlichen Apparaturen für gesteinsphysikalische Versuche ausgestattet ist. So können wir in verschiedenen, hydraulisch oder mit Gasdruck betriebenen Pressen Gesteinsproben unter hohen mechanischen Druck setzen. Mit anderen Geräten wiederum untersuchen wir den Porenraum, also die Leerräume zwischen den Gesteinspartikeln. Unter anderem erzeugen wir in Gesteinsproben Sprödbrüche. Das ist derselbe Vorgang, der in der Natur für Erdbeben verantwortlich ist. Dabei analysieren wir auch Gesteine, die unmittelbar aus Erdbebenzonen stammen, beispielsweise einen Serpentinit, der in der San Andreas Verwerfung in Kalifornien in drei Kilometern Tiefe erbohrt wurde. Diese Messungen im Labor ergänzen wir durch vergleichende Untersuchungen im Gelände. Dazu konzentrieren wir uns vornehmlich auf geologische Reservoire und die nordanatolische Verwerfung in der West-Türkei, eine der gefährlichsten Erdbebenzonen der Welt. So haben wir im Großraum Istanbul, auf den vorgelagerten Prinzen-Inseln und rund um das östliche Marmarameer ein bohrlochgestütztes Geophysikalisches Observatorium (www.gonaf-network.org) aufgebaut, mit dem wir selbst die kleinsten Erdbeben in dieser Gegend aufzeichnen können. Ergänzend nutzen wir auch temporär installierte lokale Messnetze. Die aufgezeichneten seismischen Wellenformendaten erlauben uns, Aussagen darüber zu treffen wir die Deformation entlang der Plattengrenze in Raum und Zeit partitioniert ist, um daraus letztlich Szenarien für das bevorstehende Starkbeben in der Region abzuleiten. Aber auch in einer der tiefsten Schachtanlagen der Welt, dem 3,5 Kilometer tiefen Goldbergwerk Mponeng in Südafrika, haben wir unsere Messgeräte aufgestellt. Dort registrieren wir äußerst kleine Brüche im Gestein und deren raumzeitliche Abfolge, um mehr über Entstehung und Ausbreitung von Bruchprozessen zu lernen.

Unsere wissenschaftlichen Ziele - erläutert per Video

Marco Bohnhoff:Fault-zone drilling and monitoring - where do we go from here? Presentation from the 2020 Conference on the Pohang Earthquake, South Korea, on the role of fault zone drilling and monitoring projects worldwide and the role of the International Continental Scientific Drilling Programme (ICDP) to plan and run such projects.

Grzegorz Kwiatek:Prospects to monitor potential departures from self-arrested ruptures using near-realtime monitoring of induced seismicity during hydraulic stimulations. Presentation from the International Forum on the Pohang Earthquake, 12-14 November 2020, South Korea.

Patricia Martínez-Garzón: The interplay between seismic and aseismic deformation on the North Anatolian Fault Zone. Online seminar at the ERC Tectonic-Fear weekly Seminars, hosted by Prof. Chris Marone from the University of Sapienza, Rome. Presented online on March 28th, 2022.

Thomas Wiersberg: Achivements and goals of the International Continental Scientific Drilling Program and how to get involved. Presentation for Early Career Scientists in preparation of the ICDP 25+2 Conference in Potsdam, Germany

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