Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Sektion 4.8: Geoenergie

Wir entwickeln die Nutzung der oberen Kruste für Geothermie und Speichersysteme. Dazu gehören Technologien, um den Untergrund im Rahmen einer nachhaltigen, umweltfreundlichen Energieversorgung zu nutzen. Wir konzentrieren uns auf neue Heiz- / Kühlkonzepte aus hydrothermalen und petrothermalen Wärmequellen sowie die Entwicklung von Optionen für die geologische Speicherung großer Mengen (TWh) von überschüssiger Wärme und Energieträger. Der Hauptzweck unserer Arbeit in der Sektion Geoenergie ist die Erforschung und Erschließung von tiefen Reservoiren für Energienutzung. Da wir uns diesen Themen umfassend und ganzheitlich nähern, verfügen die Forscher in unserer Abteilung über Hintergrundwissen in verschiedenen Disziplinen der Geowissenschaften und Ingenieurwissenschaften.

Wir arbeiten an der Bereitstellung von Lösungen zur Erkundung von Zielen für Nahwärme und Untergrundspeicher auf Grundlage von Methoden der Gesteins- (inkl. Geomechanik) und Fluidphysik, Experimenten unter simulierten in-situ-Bedingungen, einschließlich seismischer & elektrischer Tomographie (Labor) und deren Integration in die Feldforschung zum Temperatur- und Hydraulikfeld der Erde, Lithologie und Strukturen in Zusammenarbeit mit speziellen geophysikalischen Kompetenzteams. Die Charakterisierung umfasst die Aufklärung natürlicher Prozesse auf der Grundlage experimenteller Untersuchungen von Fluid-Fluidgestein-Mineral-Wechselwirkungen (z.B. H2), an denen das Zielmaterial beteiligt ist.

Temperaturfeld der Erde

Insbesondere bei der geothermischen Exploration können die Erfolgsquoten bei der Identifizierung neuer geothermischer Ressourcen erhöht und das Risiko und die Erschließungskosten gesenkt werden, indem einschlägige Daten über die Größe und Geometrie der Wärmequellen sowie die thermischen Gesteinseigenschaften in fortgeschrittene konzeptionelle Modelle integriert werden. Die Forschung konzentriert sich sowohl auf die thermischen Eigenschaften auf der lithosphärischen Skala als auch spezifischer auf die Eigenschaften im Tiefenbereich, die durch Bohrungen erkundet werden können.

Darüber hinaus charakterisieren wir das thermische Feld und die thermischen Gesteinseigenschaften sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene, wobei letztere direkt in die Entwicklung hydrothermaler und petrothermaler (EGS/HDR) Energieprojekte einfließen. Wir nutzen Daten aus geophysikalischen Bohrloch- und Oberflächenuntersuchungen, analysieren chemische und physikalische Gesteinseigenschaften und entwickeln numerische, geologiegestützte Untergrundmodelle bis hinunter zur Erdkruste, indem wir an der Schnittstelle von klassischer und angewandter Geothermie arbeiten. Unser Fachwissen hat sich durch Arbeiten in verschiedenen geodynamischen Umgebungen der Welt erweitert, z. B. im Norddeutschen Becken, im Erzgebirge und in Luxemburg in Europa, im nordamerikanischen Mittelkontinent, in der Subduktionszone der Anden in Bolivien und Chile, im Arabischen Schild in Israel und Jordanien sowie in Indien.

Explorationsgeologie

Auf der Grundlage ihres Energiegehalts können geothermische Ressourcen in Hochenthalpie-Ressourcen (mit hohen Temperaturen und/oder Drücken), Mittelenthalpie-Ressourcen und Niedrigenthalpie-Ressourcen unterteilt werden. Während sich Hochenthalpie-Ressourcen häufig in der Nähe von Plattengrenzen und Zonen mit aktivem Vulkanismus befinden, sind Niedrigenthalpie-Ressourcen bevorzugt in älteren Sedimentbecken der Kontinente zu finden. Der Erfolg von geothermischen Nutzungskonzepten hängt stark von den beteiligten Wärmetransportprozessen (Konduktion, Konvektion oder hydraulische Durchlässigkeit) ab. Zur Charakterisierung und Bewertung geothermischer Ressourcen kombinieren wir geologische, geophysikalische und geochemische Methoden und integrieren die jeweiligen Ergebnisse in geologische Modelle. Die Integration erfolgt durch interdisziplinäre, skalenübergreifende Interpretation, die zu konsistenten parametrisierten (skalenabhängigen) Strukturmodellen führt. Auf diese Weise können Standorte zuverlässig charakterisiert und Risiken für die Erschließung und den Betrieb von Geothermieanlagen minimiert werden.

Gesteinsphysik

Die Forschungsthemen, mit denen wir uns befassen, ergeben sich aus der nachhaltigen Nutzung der geothermischen Energie, der Kohlendioxidspeicherung und der Nutzung natürlicher Methanhydratvorkommen. Neben der Charakterisierung des Ist-Zustandes eines Gesteins werden auch Untersuchungen zu dynamischen Prozessen und zeitabhängigen physikalischen Veränderungen durchgeführt. Alle Experimente werden unter kontrollierten Druck- und Temperaturbedingungen durchgeführt, die mögliche In-situ-Bedingungen während der Nutzung der Lagerstätte darstellen. Unsere experimentelle Methodik wird kontinuierlich weiterentwickelt, um Experimente unter immer extremeren, z.B. überkritischen Bedingungen durchzuführen. Durch die Verknüpfung von Lagerstättenerkundung und -nutzung tragen unsere wissenschaftlichen Ergebnisse zur nachhaltigen Nutzung geologischer Lagerstätten bei.

Arbeitsabläufe zur Entwicklung von Zielen für die energetische Nutzung des Untergrundes, die Methoden des Reservoir-Engineerings, wie deren Stimulation und Prüfung, thermische und hydraulische Bohrlochmessungen, und innovative Technologien der Faseroptik wie DTS (Temperatur) und DAS (Akustik). Die Integration von Daten aus Maßnahmen in tiefen Bohrlöchern und die Simulation von Prozessen im Labor mit Hilfe von HTMC-Modellen wird dazu führen, dass sichere, vom Menschen durchgeführte Behandlungen des Untergrunds möglich sind.

Geothermische Fluide

Der Kompetenzcluster "Fluide" befasst sich mit der Erforschung des chemischen Verhaltens und der physikalischen Eigenschaften von geothermischen Fluiden. Der Cluster ist auch für die Online-Überwachung von Fluiden und Gasen auf der Forschungsplattform Groß Schönebeck verantwortlich. Die Arbeitsgruppe hat eine analytisch-experimentelle Ausrichtung und verfügt über mehrere Labore, in denen Messungen und Experimente unter in-situ-Lagerstättenbedingungen durchgeführt werden können. Interdisziplinäre Arbeiten mit anderen Forschungsgruppen der Sektion werden z.B. in den Bereichen Korrosion und Scaling, Fluid-Gestein-Wechselwirkungen und thermodynamische Parameterbestimmung zur Lagerstättenmodellierung durchgeführt. Wir erforschen eine Reihe von Themen in Zusammenarbeit mit mehreren nationalen und internationalen Projektpartnern.

Reservoir-Engineering

Reservoir-Engineering ist eine wesentliche Voraussetzung für eine angemessene Erschließung geothermischer Ressourcen. Die optimale wirtschaftliche Nutzung von geothermischen Reservoiren erfordert eine Analyse des geologischen Systems und eine entsprechende Planung. Dazu gehören die chemische und petrophysikalische Lagerstättencharakterisierung, die Lagerstättenstimulation und -modellierung sowie das Verständnis der Prozesse und Wechselwirkungen des Bohrloch-Lagerstättensystems. Der/die Lagerstätteningenieur:in schätzt die vorhandene Wärme, die thermische Durchbruchszeit und optimiert die Leistung der Lagerstätte durch vier Hauptaktivitäten: Beobachtungen, Annahmen, Berechnungen (analytische und numerische Methoden) und Entwicklungsentscheidungen. Die Forschungsbohrungen des GFZ in Groß Schönebeck ermöglichen den Zugang zu Formationsfluiden in Horizonten zwischen 3,9 und 4,4 km Tiefe bei Temperaturen bis zu 150 °C. Dieses Untertagelabor bietet die Möglichkeit, verschiedene Bohrlochmessungen und In-situ-Experimente durchzuführen, um bestehende Modelle zu validieren und zu verbessern oder neue Modelle zu entwickeln.

Die Kompetenzen dieser Gruppe umfassen Nutzungstechnologien, die durch den Betrieb von Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme und zur thermischen Speicherung, CO₂-, oder H₂-Speicherung demonstriert werden. Der Betrieb von Forschungsplattformen (z.B. Groß Schönebeck, Berlin/Potsdam-Projekte) und die Integration von Geoenergie in Energieversorgungssysteme sowie die Vermittlung der Ergebnisse an die Öffentlichkeit stehen im Mittelpunkt. Hauptaufgabe ist die Überwachung von Systemen im Betrieb, um die Integrität von Bohrlöchern und die Sicherheit der Umwelt zu gewährleisten. Überwachungstechnologien, die auf integrativen geophysikalischen und geochemischen Multimethodensystemen basieren, leisten einen wichtigen Beitrag zur Validierung von Betriebssimulationen.

Reservoir-Monitoring

Wir untersuchen die Auswirkungen von natürlichen und künstlich induzierten Strömungsprozessen im Untergrund. Dazu werden innovative Bohrlochmessverfahren entwickelt und in Feldexperimenten eingesetzt. Die Verknüpfung mit anderen geophysikalischen und geochemischen Methoden ermöglicht eine quantitative Erfassung der räumlichen und zeitlichen Veränderungen von Untergrundbedingungen und Lagerstätteneigenschaften. Wir arbeiten an Methoden, die speziell auf die Anforderungen neuer Nutzungsarten des Untergrundes abgestimmt sind, wie z.B. neue Wege der Gewinnung von geothermischer Energie (z.B. verbesserte geothermische Systeme, überkritische Lagerstätten), der unterirdischen Speicherung (z.B. Kohlendioxid, thermische Energie) oder der Gewinnung von unkonventionellen fossilen Brennstoffen (z.B. Gashydrate). Darüber hinaus werden neuartige Methoden zur Überwachung der Bohrlochintegrität (z.B. Zementierung) entwickelt. Aus den gemessenen Daten lassen sich wichtige Informationen für die sichere und effiziente Nutzung geologischer Lagerstätten ableiten.

Prozess- und Anlagentechnologien

Durch die Erschließung geothermischer Ressourcen ist es möglich, die gespeicherte Wärme aus dem tiefen Untergrund für die direkte Wärmebereitstellung zu nutzen, die Wärme mit geeigneten Techniken auf ein höheres oder niedrigeres ("kaltes") Temperaturniveau zu übertragen oder sie in Strom umzuwandeln. Für die Umwandlung in Strom werden in der Regel Kraftwerkskreisläufe nach dem Clausius-Rankine-Verfahren oder einem modifizierten Clausius-Rankine-Verfahren eingesetzt. Die Nutzung von Erdwärme zur Energieerzeugung oder -speicherung basiert zwar auf den gleichen thermodynamischen Prozessen wie in der konventionellen Energietechnik, jedoch müssen vor allem Effekte der geologischen Gegebenheiten berücksichtigt und angepasste Auslegungsalgorithmen sowie Optimierungsstrategien entwickelt werden. Der Kompetenzcluster "Prozess- und Anlagentechnologien" befasst sich mit Untersuchungen zu energie- und verfahrenstechnischen Aspekten der Untergrundnutzung als Teil einer nachhaltigen Energieversorgung. Unsere Forschung bezieht sich auf die Bereiche Energie- und Verfahrenstechnik, Werkstoffauswahl sowie Versuchs- und Pilotanlagenbau und schließt damit verbundene ökonomische und ökologische Aspekte ein.

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