Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Die numerische Modellierung der festen Erde

Prozesse in der festen Erde sind für die direkte Beobachtung unzugänglich. Die Auswirkung der Massenumverteilung und Deformation der festen Erde kann jedoch mithilfe von Satellitenbeobachtungen und Beobachtungen an der Erdoberfläche erfasst werden. Die Messergebnisse beinhalten meist eine Überlagerung von vielen Prozessen. Numerische Modelle sind ein nützliches Werkzeug, um Prozesse der festen Erde vereinfacht abzubilden und zu separieren. Diese vereinfachte Abbildung der Natur beinhaltet eine mechanische Beschreibung der festen Erde.

Die feste Erde erstreckt sich von ihrer Oberfläche bis zum Kern und beinhaltet im Allgemeinen nicht die Ozeane, die Atmosphäre oder Eisschilde. Die mechanischen Eigenschaften werden durch einen kontinuumsmechanischen Ansatz beschrieben. Das heißt, die Erde wird in kleine Volumenelemente aufgesplittet, für die die entsprechenden Materialeigenschaften beschrieben werden. In guter Näherung verändern sich die Materialeigenschaften wie Dichte oder Elastizität nur mit der Tiefe, was zu einer sphärisch symmetrischen Struktur führt. Generelle physikalische Prinzipien werden verwendet, um die Wechselwirkung der Volumenelemente zu beschreiben. Eine Integration über das Volumen des Erdkörpers definiert dann seine Antwort auf eine wirkende Kraft. Für die in dieser Sektion betrachteten Oberflächen- und Gezeitenkräfte sind die Lithosphäre und der Erdmantel von Hauptinteresse. Je nachdem auf welcher Zeitskala die Prozesse ablaufen, kann ein elastisches oder viskoses Materialverhalten angenommen werden.

Die elastische Reaktion auf Oberflächenkräfte kann adäquat durch lineare Übertragungsfunktionen, Green'sche Funktionen, parametrisiert werden, die auf einer radial symmetrischen Dichte- und Elastizitätsverteilung im Erdinnern beruhen. Die jeweilige Erdstruktur muss für kleinräumige Prozesse gegebenenfalls angepasst werden.

Für die Untersuchung von Oberflächendeformationen, die durch saisonale Änderungen im terrestrischen Wasserkreislauf oder in der Atmosphäre bewirkt werden, wurde in Abhängigkeit von der jeweiligen elastischen Kruste (Erdstruktur) die Deformation der Erdoberfläche berechnet. Dazu wurde für eine lateral variierende Krustenstruktur in erster Näherung an jedem Gridpunkt ein eigener Satz von Green'schen Funktionen gerechnet. Diese beschreiben in Abhängigkeit von der Entfernung zur Laständerung die Reaktion der festen Erde.

 

Referenzen:

Huang, P., Sulzbach, R., Tanaka, Y., Klemann, V., Dobslaw, H., Martinec, Z., Thomas, M. (2021): Anelasticity and lateral heterogeneities in Earth's upper mantle: impact on surface displacements, self‐attraction and loading and ocean tide dynamics. - Journal of Geophysical Research: Solid Earth, 126, 9, e2021JB022332.

Tanaka Y., Klemann V., Martinec Z. (2019) Surface Loading of a Self-Gravitating, Laterally Heterogeneous Elastic Sphere: Preliminary Result for the 2D Case. In: . International Association of Geodesy Symposia. Springer, Berlin, Heidelberg, DOI: https://doi.org/10.1007/1345_2019_62

Dill, R., Klemann, V., Martinec, Z., Tesauro, M. (2015): Applying local Green's functions to study the influence of the crustal structure on hydrological loading displacements. - Journal of Geodynamics, 88, p. 14-2, DOI: https://doi.org/10.1016/j.jog.2015.04.005

Derzeitiges Projekt:

HGF ESM

Aus dem plattentektonischen Verständnis der Erde weiß man, dass die tektonischen Erdplatten auf dem Erdmantel schwimmen. Betrachten wir  dagegen seismische Wellen oder Gezeitendeformationen, verhält sich die Erde wie ein elastischer Festkörper. Das bedeutet, das gleiche Mantelmaterial reagiert je nach Prozess, der sich im Wesentlichen durch die jeweilige Zeitskala unterscheidet, wie eine Flüssigkeit oder wie ein Festkörper. Mathematisch kann man beide Prozesse als Viskoelastizität zusammenfassen: viskoses Fließen des Materials für Zeiten länger als eine Million Jahre und elastische Deformationen für Zeiten von weniger als einige Jahre. GIA mit charakteristischen Zeiten von hundert bis hunderttausend Jahren liegt in diesem Übergangsbereich, so dass die Viskoelastizität gerade für diesen Prozess von Bedeutung ist. Neuere Untersuchen legen nahe dass neben der Kompressibilität des sich viskoelastisch verhaltenen Materials auch aus der Geodynamik prognostizierte laterale Variationen der Viskosität wichtig sind, um die Deformationen des Erdkörpers realistisch zu beschreiben.

Siehe hierzu auch: Dichte-Struktur der Erde

Referenzen:

Bagge, M., Klemann, V., Steinberger, B., Latinovic, M., Thomas, M. (2021): Glacial-isostatic adjustment models using geodynamically constrained 3D Earth structures. - Geochemistry Geophysics Geosystems (G3), 22, 11, e2021GC009853.

Tanaka, Y., Hasegawa, T., Tsuruoka, H., Klemann, V., Martinec, Z. (2015): Spectral-finite element approach to post-seismic relaxation in a spherical compressible Earth: application to gravity changes due to the 2004 Sumatra-Andaman earthquake. - Geophysical Journal International, 200, p. 299-321. | GFZpublic | doi.org/10.1093/gji/ggu391 | URI | PDF |

Cambiotti, G., Klemann, V., Sabadini, R. (2013): Compressible viscoelastodynamics of a spherical body at long timescales and its isostatic equilibrium. - Geophysical Journal International, 193, 3, p. 1071-1082.| GFZpublic | doi.org/10.1093/gji/ggt026 | PDF |

Klemann, V., Martinec, Z., Ivins, E. R. (2008): Glacial isostasy and plate motion.  - Journal of Geodynamics,  46, 3-5, p. 95-103. | GFZpublic | http://doi.org/10.1016/j.jog.2008.04.005 | PDF |

Derzeitige Projekte:

HGF ESMPalMod II

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