Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Kosmogene Nuklide

Kosmogene Nuklide können zur Datierung von Landschaftsformen wie Moränen oder Flussterrassen angewendet werden. In Flusssediment oder Böden geben sie Aufschluss über Abtragungsgeschwindigkeiten von Flusseinzugsgebieten oder wie schnell Böden sich durch Verwitterung von Gestein bilden.

Kosmogene Nuklide, wie zum Beispiel die radioaktiven Isotope 10Beryllium (Be) und 26Aluminium (Al), sind durch kosmogene Strahlung gebildete Nuklide. Kosmogene Strahlung besteht aus hochenergetischen galaktischen Teilchen, die ständig auf Moleküle in unserer Atmosphäre treffen und dort eine Kaskade von sogenannter Sekundärstrahlung verursachen. In der Atmosphäre werden bei diesen Kollisionen auch sogenannte „meteorische“ kosmogene Nuklide erzeugt. Ein Teil der Strahlung trifft die Erdoberfläche, wo kosmogene Nuklide in Gesteinen gebildet werden. Diese Art von Nukliden nennt man „in situ“-produzierte Nuklide. Der Ort der Entstehung (Atmosphäre versus in Gesteinen oder Böden) ist also verschieden, es werden aber prinzipiell dieselben Nuklide gebildet (zB. meteorisches „10Bemet“ versus terrestrisches „10Beinsitu“). Allerdings werden meteorische Nuklide mit einer viel höheren Produktionsrate gebildet- bis zu 1 Millionen Atome 10Be pro cm2. In Gesteinen ist die Produktionsrate von 10Beinsitu um ein Vielfaches niedriger – nur einige Atome pro Jahr! Auch braucht man dazu meist eine Art von Mineral- typischerweise Quarz. Quarz kommt zwar häufig vor in der Erdkruste, sein Gehalt ist aber in manchen Gesteinen, wie vulkanischer Basalt oder Kalkgestein, sehr niedrig, was zu Problemen führen kann.

Die niedrige Produktionsrate von „in situ“ Nukliden ist bedingt dadurch, dass die Sekundärstrahlung nur in die oberen paar Meter der Erdkruste vordringt, bevor sie durch Wechselwirkungen mit dem Gestein vollständig absorbiert wird. Der Beobachtungszeitraum der Methode ist abhängig davon, wie schnell diese obere Schicht bis zur Absorptionstiefe abgetragen wird. Dieser Beobachtungszeitraum variiert also je nach Geschwindigkeit der Abtragung und liegt bei mehreren Jahrtausenden. Durch diesen langen Integrationszeitraum werden so vor allem die natürlichen Abtragungsraten erfasst, die vor dem Eingriff des Menschen in die Natur existierten.

Bei meteorischen Nukliden ist der Integrationszeitraum ähnlich, weil diese durch Staub und Regen zur Erdoberfläche transportiert werden, dort an Sedimentpartikel anhaften und dann mit Wasser in den Boden gelangen. Durch diese Anhaftung und bedingt durch die höhere Produktionsrate ist die Messung von meteorischen Nukliden auch in Wasser, Pflanzen, oder sehr geringen Mengen (< 1 g) an Gestein oder Boden möglich, wobei „in situ“ Nuklide viel größere Mengen an Sediment (mehrere Gramm Quarz) benötigen. Wichtig ist, dass zB 10Be auf Grund seiner Halbwertszeit von 1.4 Millionen Jahren nicht mehr aus der Erdfrühzeit stammen kann da dieses frühe Nuklid zerfallen ist. Die Stoppuhr dieser Isotope beginnt also erst mit der kosmischen Strahlung erneut zu ticken, also wenn durch die Erosion obere Bodenschichten frei gelegt werden.

Wir entwickeln in unserer Sektion diese Arten von Methoden weiter...

Unser Steckenpferd ist die Entwicklung einer neuartigen Methode, die auf dem Verhältnis von 10Bemet zu 9Be (10Bemet/9Be), dem stabilen Teil des Elements Beryllium, beruht. 9Be kommt als Spurenelement in Wasser, Gestein, Boden oder Sediment vor. Es wird bei der chemischen Verwitterung von Gestein freigesetzt. Kosmogenes meteorisches 10Be kommt aus der Atmosphäre mit einer eingebauten Stoppuhr dazu, so dass wir Abtragungs- und Verwitterungsraten bestimmen können, die vollkommen unabhängig von der Gesteins- oder Mineralart sind. Wir entwickeln derzeit die 10Bemet/9Be-Merhode für Basalt und Karbonat, weil gerade Basalt der Atmosphäre viel CO2 bei seiner Verwitterung entziehen kann. Auch die Verwitterung von Karbonat stellt eine kurzfristige CO2 Senke dar. Kenntnisse über die Geschwindigkeiten der Verwitterung sind unerlässlich zur Erstellung von genauen Klimaprognosen.

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