Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Glossar

Epizentrum
bezeichnet die auf die Erdoberfläche projizierte Lokation des Erdbebenherdes (Hypozentrum) bzw. bei größeren Erdbeben des Punktes, von dem die Ruptur auf der Erdbebenherdfläche ihren Ausgang nimmt.

Gefährdung H
Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines (Natur-) Ereignisses mit Schadenspotenzial in einem definierten Gebiet und einer definierten Zeiteinheit.

Gefährdungskurve
Graphische Darstellung als Ergebnis einer probabilistischen Abschätzung der Erdbebengefährdung für einen Punkt, die den Zusammenhang zwischen der jährlichen Wahrscheinlichkeit des Auftretens oder Überschreitens und einem ausgewählten Parameter der Bodenbewegung herstellt.
Als Bodenbewegungsparameter werden Spitzenbodenbeschleunigungen, die makroseismische Intensität, spektrale Beschleunigungen u.a. verwendet.

Hypozentrum
(siehe Epizentrum)

Intensität I
Klassifizierung der Stärke der Bodenerschütterungen auf der Grundlage beobachteter Effekte in einem begrenzten Gebiet wie einer Ortschaft. Als Einschätzungsgrundlage dienen die Effekte der Bodenerschütterungen auf Menschen, Objekte in Häusern sowie das Ausmaß an Gebäudeschäden. Intensitäten sind ein grobes Maß zur Stärkeklassifizierung, unterteilt in 12 Intensitätsgrade:

   I Nicht gefühlt.
   II Vereinzelt gefühlt.
   III Schwach.
   IV Größtenteils beobachtet.
   V Stark.
   VI Leichte Schäden.
   VII Schadenbringend.
   VIII Stärker schädigend.
   IX Zerstörend.
   X Sehr zerstörend.
   XI Verwüstend.
   XII Vollständig verwüstend.

Eine detailliertere Beschreibung der Intensitätsdefinitionen anhand der neusten Skalenentwicklung in Form der Europäischen Makroseismischen Skala EMS-98 (Grünthal, 1998), welche für Europa verbindlich eingeführt und darüber hinaus auf allen Kontinenten in Gebrauch ist, gibt die Kurzform der EMS-98.

Magnitude M
Ein von Charles Richter 1935 eingeführtes instrumentelles Maß zur Stärkebestimmung von Beben. Die Magnitude wird aus dem Logarithmus des maximalen Ausschlages von Seismographen unter Berücksichtigung der Entfernung zum Erdbebenherd bestimmt. So entspricht die Lokalbeben-Magnitude 4 einem Beben, welches in 100 km Entfernung mit einem maximal 2800-fach vergrößernden Wood-Anderson-Seismographen aufgezeichnet wurde und einen maximalen Ausschlag auf dem Seismogramm von 1 cm ergibt.
Unterschieden werden weiterhin Raumwellen-, Oberflächenwellen-, Momentmagnitude u.a.

Momentmagnitude Mw
ist ein physikalisch begründetes und an die übrigen Magnitudenarten kalibriertes Stärkenmaß auf der Grundlage eines mechanischen Modells einer schlagartig aktivierten Störungsfläche als Reaktion auf eine Spannungsbeanspruchung. Die größte bisher beobachtete Momentmagnitude wurde mit einem Wert von 9.5 beim Chile-Erdbeben 1960 erreicht. Zwischen den Magnitudenarten und der Intensität bestehen Umrechnungsbeziehungen, um die verschiedenen Größen ineinander zu überführen und auch historische Beben in Form von Magnituden zu klassifizieren.

Paläoseismologie
Methode zur Suche nach Anzeichen früherer Beben in geologischen Sedimenten einschließlich der Abschätzungen deren Magnitude und Altersbestimmung der geologischen Bewegungen. Die Paläoseismologie beschränkt sich in der Regel auf geologische Terrains kontinuierlicher Sedimentation der letzten Jahrtausende. Sie dient der zeitlichen Erweiterung von Befunden zu Beben bis in die jüngste geologische Vergangenheit.

Risiko R
Erwarteter summarischer Verlust (erwartete Anzahl von Toten, Verletzten, Wert der Verluste durch Sachschäden, Wert des Verlustes infolge der Unterbrechung der ökonomischen Aktivitäten) infolge eines bestimmten Naturphänomens, z.B. Erdbeben. Das Risiko ist das Produkt aus spezifischem Risiko und Summe der Risikoelemente.

wobei das spezifische Risiko SR der erwartete Verlustgrad infolge eines bestimmten Naturphänomens i mit der Eintreffenswahrscheinlichkeit Hi bzw. das Produkt von Gefährdung und Verletzbarkeit ist:

seismische Quellregion
Bezeichnet eine Fläche oder Linie, in der im Zusammenhang mit probabilistischen Abschätzungen der Erdbebengefährdung eine Gleichverteilung der Seismizität angenommen wird. Die Abgrenzung von seismischen Quellregionen erfolgt anhand der beobachteten Erdbebentätigkeit, der regionalen Tektonik, des tektonischen Regimes krustaler Deformationen und des beobachteten krustalen Spannungsfeldes und von Schwächezonen in der Erdkruste.
Eine Linienquelle bildet die Geometrie einer seismisch aktiven Störung nach.
Die Tiefenverteilung der Bebentätigkeit in den Quellregionen wird durch jeweilige Verteilungsfunktionen beschrieben.

Tektonik
Lehre vom Aufbau sowie den Bewegungen und Formveränderungen der Erdkruste und festen Teilen des Erdmantels. Die T. umfasst globale, regionale und lokale Aspekte. Die Neotektonik befasst sich mit der Tektonik der jüngsten geologischen Vergangenheit, d.h., je nach Untersuchungsgebiet, die letzten 15 bis 35 Mio. Jahre.

Unsicherheit, aleatorische
Bezeichnet die Unsicherheit, die mit stochastischen Phänomenen oder Prozessen inhärent verbunden ist. Prinzipiell lässt sich die aleatorische U. nicht durch zusätzliche Daten oder Informationen vermindern.

Unsicherheit, epistemische
Bezeichnet die Unsicherheit infolge unvollständiger Kenntnis zu Modellen oder Parametern. Die epistemische U. kann durch zusätzliche Daten oder verbesserte Modellkenntnis reduziert werden.

Die Verletzbarkeit V beschreibt in diesem Kontext oft den Verlustgrad (0<V<1) infolge eines Naturphänomens; 0: keine Schäden, 1: Totalschaden bzw. -verlust.

Sämtliche gefährdete Elemente innerhalb eines bestimmten Gebietes: z. B. Zahl der Personen, Wert des Eigentums (persönlich und gesellschaftlich), Niveau der ökonomischen Aktivität (einschließlich öffentlicher Dienstleistungen) sind die Risikoelemente RE.

Das kumulative Risiko CR ist der erwartete summarische Verlust infolge unterschiedlicher potenzieller katastrophaler Naturphänomene, z.B. Erdbeben, Unwetter, Überflutungen, Vulkanausbrüche, Landrutsche, Dürre usw.

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