Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Bislang unbekannter Reaktionsweg in der Mineralbildung entdeckt

Neueste, hochpräzise Labormethoden ermöglichen neue Erkenntnisse.

Einem internationalen Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter Beteiligung des GFZ ist es mithilfe neuester, hochpräziser Labormethoden gelungen, einen bisher unbekannten Reaktionsweg von Mineralen in natürlichem Festgestein aufzuspüren. Klassische Beispiele für Reaktionswege von Mineralen sind die Auflösung einer festen Kristallstruktur in einer Flüssigkeit – wie dem Salzkorn im Salatdressing – oder die Kristallisation eines neu entstehenden Minerals aus einer Lösung – wie der Bildung von Kalkablagerungen in Wasserrohren. Reaktionsprozesse von Mineralen in der Natur, die zum Beispiel zur Bildung oder Verwitterung von Gestein führen, haben großen Einfluss auf die Entstehung von Rohstofflagerstätten, Abläufe im Klimasystem oder Ereignisse wie Erdbeben und Vulkanausbrüche, um nur einige zu nennen.

Das Team aus WissenschaftlerInnen der Universität von Göteborg in Schweden, der Keele Universität in Großbritannien, des GFZ und der ETH Zürich in der Schweiz, hat die Spuren dieses bisher unbekannten Prozesses in einer Gesteinsprobe aus Kalifornien, USA, sichtbar gemacht. In ihrer Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature Communications, beschreiben die WissenschaftlerInnen die Bildung von zusammenhängenden Mineral-Bestandteilen, die ein Gebilde formen, das fest ist, aber noch nicht die Kristallstruktur eines Minerals bildet. Mit Unterstützung des FIB/TEM-Labors am GFZ unter Leitung von Richard Wirth hat das Team unter anderem mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) und der Nano-Tomographie zusammenhängende Poren innerhalb der Gesteinsprobe ausgemacht, mit Größenordnungen von wenigen Nanometern - Milliardstel Metern. Innerhalb dieser Poren muss das nicht-kristalline Material durch die Infiltration von Wasser unter extrem hohem Druck von mehr als dem zehntausendfachen Atmosphärendruck geformt worden sein.

„Fertigbauweise“ beschleunigt Reaktionsprozesse

Dieses so erstmals entdeckte Gebilde identifizierten die WissenschaftlerInnen als effektives Transportmedium für Elemente während eines Reaktionsprozesses. Franziska Wilke, Leiterin des Mikrosondenlabors in der GFZ-Sektion Anorganische und Isotopengeochemie und Ko-Autorin der Studie: „Man muss sich das so vorstellen, als würde man ein Haus nicht aus einzelnen Steinen, sondern aus Fertigbauteilen zusammenbauen. Der Prozess des Hausbauens läuft dadurch sehr viel schneller ab, so wie eben auch die Reaktionsprozesse der Minerale in diesem Gebilde schneller ablaufen.

Die Gesteinsprobe hat eine außergewöhnliche Reise hinter sich. Sie tauchte durch Subduktionsprozesse der Pazifischen Platte westlich des nordamerikanischen Kontinents ins Erdinnere ab, in Tiefen von mehr als 50 Kilometern, bevor sie, bedingt durch Dichteunterschiede und Kompressionskräfte im Untergrund erneut an die Oberfläche transportiert wurde. Matthias Konrad-Schmolke, Universität Göteborg und koordinierender Wissenschaftler des Projekts: “Dieses Gestein ist der perfekte Zeuge von Prozessen, die im tiefen Erdinneren ablaufen, da diese Prozesse sozusagen ‘eingebrannt’ werden, wenn das Material zurück an die Erdoberfläche gelangt.” Zukünftige Forschungsarbeiten müssen zeigen, ob der jetzt identifizierte Mineralbildungsprozess ein häufiges Phänomen in natürlichem Gestein ist und ob er ausschließlich durch Prozesse im tiefen Erdinneren ausgelöst wird oder auch bei Gesteinsdeformationsprozessen wie Erdbeben, Vulkanausbrüchen oder bei der Bildung von Rohstofflagerstätten eine Rolle spielt. (ak)

Originalstudie: Konrad-Schmolke, M., Halama, R., Wirth, R., Thomen, A., Klitscher, N., Morales, L., Schreiber, A., Wilke, F.D.H., 2018. Mineral dissolution and reprecipitation meditated by an amorphous phase. Nature communications 9:1637. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-018-03944-z

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