Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Wie Erdbeben Landschaften formen

Wenn Gebirge entstehen, sind die zugrundeliegenden tektonischen Prozesse oft von zerstörerischen Prozessen begleitet - Erdbeben, die die Landschaft umformen. Anhand eines neuen Modells haben GFZ-Forscher jetzt gemeinsam mit einem Kollegen von der Ecole Normale Superieure in Paris herausgefunden, dass Erdbeben mittlerer Stärke eher nivellierend wirken, als dass sie Topographie aufbauen.

24.05.2016: Wenn Gebirge entstehen, sind die zugrundeliegenden tektonischen Prozesse oft von zerstörerischen Prozessen begleitet - Erdbeben, die die Landschaft umformen. Das kann auf zweierlei Arten geschehen: Erdbeben bauen gewissermaßen Topographie durch Hebung der Oberfläche auf oder sie nivellieren Topographie durch Hangrutschungen, die sie auslösen. Anhand eines neuen Modells haben GFZ-Forscher jetzt gemeinsam mit einem Kollegen von der Ecole Normale Superieure in Paris herausgefunden, dass Erdbeben mittlerer Stärke (in einem „Magnituden-Fenster“ zwischen 6.3 und 7.3) eher nivellierend wirken, als dass sie Topographie aufbauen. Noch stärkere Beben ab einer Magnitude von 8 sind dem Modell zufolge fast immer konstruktiv.

Gebirgsbildung besser verstehen

„Der Ausdruck ‚konstruktiv‘ bedeutet keinesfalls, dass schwerere Erdbeben weniger zerstörerisch sind“, sagt Studienautor Niels Hovius. „Wir haben die Erdbebenereignisse in Abhängigkeit von der Massenbilanz der betroffenen Regionen klassifiziert.“ Die Studie von Odin Marc, Niels Hovius (beide GFZ) und Patrick Meunier (ENS Paris) ist in der aktuellen Ausgabe von Geophysical Research Letters erschienen. Die Ergebnisse dürften dabei helfen, Massenverlagerungen während der Gebirgsbildung besser zu verstehen und genauere Modelle für Oberflächenprozesse und Gebirgsbildung zu entwickeln.

Erstautor Odin Marc sagt: „Unsere Studie legt nahe, dass sich die Rolle von Erdbeben bei der Gebirgsbildung und Landschaftsformung im Verlauf der Zeit wandelt, in der geologische Bruchzonen wachsen und altern.“ Im Unterschied zu früheren Studien, die weder die Eigenheiten der Verwerfungen noch die Topographie betrachteten, fanden die Autoren heraus, dass es eben die Beben mittlerer Stärke sind, die im Endeffekt erodierend wirken. Die Ergebnisse betreffen flache Beben. Diese Ereignisse gelten als die Hauptantriebskräfte für die Hebung in Gebirgsregionen. Untersucht man tiefere Beben oder Landschaften mit weniger ausgeprägten Höhenunterschieden, dann verengt sich das Magnituden-Fenster oder verschwindet ganz.

Die Rolle von Erdbeben als Schlüsselmechanismus der Gebirgsbildung werde durch die Studie nicht in Frage gestellt, so die Autoren. Vielmehr zeigten die Ergebnisse, dass Beben sehr unterschiedlich auf Landschaften wirkten und je nach betrachtetem Zeitraum oder Region die Hebung auch verlangsamen könnten. So sind in der Himalaya-Region starke Beben Haupttreiber der Gebirgsbildung, während etwa in Taiwan die Anhebung der Landschaft durch Bebentätigkeit verringert wird.

Marc, O., Hovius, N., Meunier, P., 2016. The Mass Balance of Earthquakes and Earthquake Sequences. Geophysical Research Letters. DOI: 10.1002/2016GL068333

>>Feature zum Thema der Fachzeitschrift Nature

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