Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Interview | NASA-Langzeitstudie ABoVE zum Klimawandel in der Arktis

Nachwuchsgruppenleiter Dr. Torsten Sachs, GFZ-Sektion Anorganische und Isotopengeochemie, gelang es, zusammen mit seinem Team, Partner eines groß angelegten Forschungsprogramms der NASA zu werden. Unter dem Titel „Arctic Boreal Vulnerability Experiment“ kurz ABoVE fährt die NASA eine ambitionierte Langzeitstudie zu den Folgen des Klimawandels in den Permafrostregionen Nordamerikas. Im Interview erzählt Torsten Sachs, wie es zur Beteiligung im NASA-Projekt kam.

Nachwuchsgruppenleiter Dr. Torsten Sachs, GFZ-Sektion Anorganische und Isotopengeochemie, gelang es, zusammen mit seinem Team, Partner eines groß angelegten Forschungsprogramms der NASA zu werden. Unter dem Titel „Arctic Boreal Vulnerability Experiment“ kurz ABoVE fährt die NASA eine ambitionierte Langzeitstudie zu den Folgen des Klimawandels in den Permafrostregionen Nordamerikas. Im Interview erzählt Torsten Sachs, wie es zur Beteiligung im NASA-Projekt kam.

GFZ: Im Mittelpunkt Ihrer Forschung stehen unter anderem die Permafrostregionen und ihre Bedeutung für den Klimawandel. Was genau erforschen Sie in dem Zusammenhang?

Dr. Torsten Sachs: Wir schauen uns an, wie sich die Permafrostregionen durch die globale Erwärmung entwickeln und ob Sie zu einer neuen Quelle für Treibhausgase werden. Man kann sich diese Regionen wie ein riesiges Tiefkühlfach vorstellen: fast alles was hier gelebt hat und gestorben ist, wurde im Boden eingefroren und nicht biologisch abgebaut. Wenn dieses Gefrierfach nun auftaut, setzt die mikrobielle Zersetzung ein und genau hierbei entstehen CO2 und Methan, die potenziell in die Atmosphäre gelangen und die Klimaerwärmung verstärken können.

Viele Wissenschaftler versuchen über Modellierungen vorherzusagen, in welchem Umfang Treibhausgasemissionen aus dem Permafrost zu erwarten sind. Doch das Verständnis für die Prozesse im Boden, von Mikrobiologie bis zum Transport der entstehenden Treibhausgase an die Oberfläche, die Datenlage generell und die Modellierungsansätze sind bisher nicht ausreichend, um verlässliche Vorhersagen zu treffen. Deshalb versuchen wir im Gegensatz zu bisher häufig nur punktuell stattfindenden Messungen, Daten flächendeckend per Flugzeug zu erheben und auszuwerten.

GFZ: Warum ist die Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels in diesen Regionen so wichtig?

T. Sachs: Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist ein Viertel der nördlichen Hemisphäre, also ca. 25 Millionen Quadratkilometer, von dauerhaft gefrorenem Boden geprägt. Eine riesige Fläche, die Milliarden von Tonnen an Kohlenstoff enthält. Diese Mengen sind bisher in den Klimamodellen nicht berücksichtigt und man möchte natürlich wissen, was dort auf uns zukommt. Gleichzeitig erwärmt sich gerade die Arktis schneller und stärker als andere Regionen der Erde. Diese deutlichen Änderungen betreffen uns auch in Deutschland, weil das das Wetter und das Klima der Nordhemisphäre zu einem großen Teil in der Arktis „gemacht“ werden.

GFZ: Sie haben es geschafft, mit Ihrer Forschung Teil der ambitionierten, groß angelegten Langzeitstudie ABoVE der NASA zu werden. Wie kam es dazu?

T. Sachs: Das Besondere ist, dass der Projektleiter vom NASA Jet Propulsion Lab von sich aus den Kontakt zu uns gesucht hat und uns eingeladen hat, an seinem ABoVE-Antrag mitzuwirken. Es gab bereits vorher eine Kooperation mit den JPL-Kollegen, die Treibhausgaskonzentrationen per Flugzeug erhoben und anschließend Stoffflüsse modelliert haben – allerdings sehr grob aufgelöst. Wir bestimmen die Energie- und Stoffflüsse direkter und sehr viel hochaufgelöster, es wird weniger modelliert. Mit unserer Herangehensweise haben wir im Moment weltweit ein Alleinstehungsmerkmal – und die Kollegen haben großes Interesse an diesen Ergebnissen.

Worum geht es im Programm ABoVE und speziell in Ihrem Projekt?

T. Sachs: Das Ziel von ABoVE ist es, den Klimawandel und seine Auswirkungen auf Mensch, Natur, Gesellschaft und Wirtschaft im borealen und arktischen Alaska und Nordwestkanada zu untersuchen. Die Studie ist auf acht bis zehn Jahre angelegt und soll Satelliten-, Flugzeug- und Geländedaten vereinen und die Veränderungen, die bisher nur sehr fragmentiert erforscht wurden, großflächig untersuchen. Die Expertise, die wir dazu beitragen, sind unsere Flugzeugmessungen der Treibhausgasflüsse, mit deren Hilfe die modellierten Flüsse evaluiert und die Methodik der Kollegen verbessert werden soll.

Wie kann man sich so eine Flugmission vorstellen?

T. Sachs: Wir nutzen die Polar 5 des Alfred-Wegener-Institutes, also eine alte DC-3, Baujahr 1943 – die allerdings seit ihrem Dienst als Rosinenbomber in der Berliner Luftbrücke umfangreich modernisiert und zum Forschungsflugzeug umgebaut wurde. Für die Bestimmung der Wärme- und Stoffflüsse zwischen Boden und Atmosphäre müssen wir über lange Strecken, also jeweils 75 bis 100 km, in möglichst konstanter aber niedriger Höhe fliegen. Niedrig bedeutet hier circa 30 bis 50 Meter über dem Boden. Hier messen wir Windgeschwindigkeit und -richtung, Temperatur, Strahlung, Wassergehalt und Gaskonzentrationen, in Form von CO2 und Methan. Anschließend folgt eine Phase, in der wir uns auf zwei bis vier Kilometer Höhe hochschrauben und Vertikalprofile für die Atmosphäre erstellen. Das ist für unsere späteren Berechnungen wichtig. Anschließend geht’s dann wieder zurück auf 30 bis 50 Meter und so weiter.

Sie sind nicht nur Projektpartner, sondern auch zum Mitglied des Science Teams bei ABoVE ernannt worden. Was sind ihre Aufgaben im Science Team?

T. Sachs: Das Science Team koordiniert und leitet im Prinzip die Umsetzung des Forschungsprogramms. Dazu gehört z. B. die Steuerung, wann welche Antragsmöglichkeiten ausgeschrieben werden, die Abstimmung der Flugzeug-Kampagnen usw. Welche Aufgaben im Einzelnen hinzukommen, wird sich bei unserem ersten Treffen herausstellen.

 

Das Interview führte Cathérine Krieg, Onlineversion gekürzt durch Ariane Kujau

Das vollständige Interview finden Sie auf Seite 6 der aktuellen Ausgabe der GFZ-Mitarbeiterzeitung GFZeitung>>

 

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