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Eine menschgemachte Umweltkatastrophe vor 1800 Jahren

Durch intensive Bewässerung verlandete der einst große Lop-Nor-See im Westen Chinas.  Das führte zum Niedergang des Königreiches Loulan.

Durch intensive Bewässerung verlandete der einst große Lop-Nor-See im Westen Chinas. Das führte zum Niedergang des Königreiches Loulan.

14.03.2017: Der Aralsee gilt als mahnendes Beispiel für die Folgen menschlicher Eingriffe in die Natur: Seit seinen Zuflüssen große Mengen an Wasser entnommen worden werden, schrumpfte der ehemals riesige Binnensee in den vergangenen Jahrzehnten beträchtlich. Die Küstenlinie hat sich um Dutzende Kilometer verlagert. Solch weitreichende Folgen menschlichen Handelns gab es jedoch schon wesentlich früher. Das berichtet ein internationales Team, an dem auch das GFZ beteiligt ist.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten Sedimente im Tarimbecken, um den Niedergang des Königreiches Loulan im Nordwesten Chinas zwischen dem 3. und 7. Jahrhundert zu rekonstruieren. Wie sie im Fachmagazin Nature Scientific Reports berichten, war die Ursache kein Klimawandel, wie bisher von vielen Experten vermutet. Stattdessen wurden die Wasserzuflüsse wahrscheinlich durch intensive Bewässerung so weit reduziert, dass der einst große Lop-Nor-See deutlich schrumpfte. Die Autoren, darunter Birgit Plessen von der GFZ-Sektion Klimadynamik und Landschaftsentwicklung, sprechen von einer „menschgemachten Umweltkatastrophe, die vergleichbar mit der heutigen Krise des Aralsees ist“.

Blühendes Leben vor 2000 Jahren

Der Lop-Nor-See war ein abflussloser Salzsee und befand sich im Osten des Tarimbeckens. Vor rund 2000 Jahren war das Klima wesentlich feuchter als heute. Der See hatte eine Fläche von schätzungsweise 17.000 bis 50.000 Quadratkilometern. Zum Vergleich: Das Bundesland Brandenburg mit rund 30.000 Quadratkilometern Fläche liegt etwa in der Mitte der geschätzten Größe des Sees. Nordwestlich davon befand sich an der historischen Seidenstraße die Oasenstadt Loulan, die zugleich namensgebend für das Königreich war. Ruinen, Reste von Feldern und Wassergräben künden bis heute vom blühenden Leben vor rund 2000 Jahren während der Han-Dynastie. Ab dem 3. Jahrhundert jedoch begann der Niedergang. Historische Schriften berichten, dass die Flüsse weniger Wasser führten und den Soldaten die Rationen gekürzt wurden. Immer mehr Siedlungen wurden aufgegeben.

Umfangreiche Bewässerung am Oberlauf der Zuflüsse

Als Ursache wurde lange Zeit ein Klimaumschwung vermutet. Die aktuelle Studie kommt zu einem anderen Schluss. Die Forscherinnen und Forscher analysierten Sedimente und bestimmten die Sauerstoff-Isotopenverhältnisse in Karbonatmineralen und Muschelkrebsen, um die Entwicklung des Lop Nor-Sees nachzuvollziehen. Es zeigte sich, dass dieser tatsächlich wegen Wassermangels immer kleiner wurde und der Pegel sank. In angrenzenden Gebieten jedoch, das zeigen frühere Studien, war das Klima unverändert feucht. Der Wasserverlust und letztlich der Niedergang der Loulan-Kultur in der Region geht offenbar auf eine umfangreiche Bewässerung der Felder im Oberlauf der Zuflüsse zurück, schließen die Autoren. Der Lop-Nor-See wurde immer kleiner, fiel zeitweise nahezu komplett trocken. Heute, wo das Klima im Tarimbecken generell trockener ist, gibt es auch den Lop-Nor-See nicht mehr. Er füllte sich zuletzt 1921 und trocknete in den frühen 1960er-Jahren aus. Spätere Versuche, ihn mit Wasser aus dem Bosten-See neu zu beleben, schlugen fehl. Sie werden, auch aus wirtschaftlichen Gründen, nicht weiter verfolgt.

Eine ähnliche Entwicklung erlebt der Aralsee. Seinen Zuflüssen, dem Amudarja und dem Syrdarja wird seit Mitte des 20. Jahrhunderts enorm viel Wasser entnommen, unter anderem für den Baumwollanbau. Der Pegel sank seitdem um rund 25 Meter, die Fläche schrumpfte auf etwa ein Achtel. Das Wasser versalzt zunehmend, das trockengefallene Land am Ufer ist zur Wüste geworden, benannt nach dem verschwindenden See: Aralkum. (rn)

Originalstudie: Mischke, S., Liu, C., Zhang, J., Zhang, C., Zhang, H., Jiao, P., Plessen, B., 2017. The world´s earliest Aral-Sea type disaster: the decline of the Loulan Kingdom in the Tarim Basin. Scientific Reports, DOI: 10.1038/srep43102

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