Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

TIPTIMON – Tien Shan - Pamir Monitoring Program

Seismotektonische Zusammenhänge im westlichen Pamir und den angrenzenden tadschikischen und afghanischen Becken

Das Verbundprojekt TIPTIMON wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)  im Rahmen des CAME Programms (Central Asia – Monsoon dynamics and Geo-ecosystems)  finanziert.

In Sektion 4.1 erforschen wir die Seismotektonik des westlichen Pamirs und des tadschikischen Beckens. Die stark bevölkerte Senke des tadschikischen Beckens liegt eingekeilt zwischen den Gebirgszügen des Hindukusch im Süden, des Tian Shans im Norden und des Pamirs im Osten. Das Becken selbst wird von mehreren prominenten Verwerfungszonen durchzogen, die interessanterweise keine einheitliche kinematische Bewegungsrichtung aufweisen. Diese komplexe tektonische Situation entsteht durch das Zusammenspiel zweier gegensätzlich wirkender tektonischer Kräfte: von Süden schiebt der indische Kontinent und erzeugt ein primär Nord-Süd gerichtetes Spannungsfeld in der gesamten Region; von Osten drücken die überkritisch verdickten Gebirgsmassen des Pamirs auf das tadschikische Becken, was zu einer West-Ost Kompression der Sedimente führt. In subkrustalen Tiefen wird die Lithosphäre des tadschikischen Beckens von zwei interkontinentalen seismisch aktiven Subduktionszonen eingerahmt. Nirgends sonst auf der Welt treten so häufig tiefe Erdbeben auf, die nicht in Verbindung mit einer ozeanischen Subduktionszone gebracht werden können.

Ziel des TIPTIMON Projekts war es, den Ursprung dieser seismischen Zonen und das Feedback zwischen der tiefen Lithosphärenstruktur und der krustalen Tektonik im Becken zu verstehen. Zu diesem Zweck wurde im Juni 2012 ein 33 Stationen zählendes seismisches Netzwerkes in Tadschikistan und Afghanistan aufgebaut (Abbildung 1). Die aufgezeichneten Daten wurden mit verschiedenen seismologischen Methoden analysiert. Es gelang uns zwei entgegengesetzt gerichtete abtauchende Lithsophärenplatten unter den Pamir und Hindukusch Gebirgen abzubilden (kleines Bild in Abbildung 2). Diese Platten reagieren unterschiedlich auf die Kräfte, die durch die Kollision des indischen und asiatischen Kontinents auftreten: Die asiatische Lithosphäre unter dem Pamir wird durch die nordwärts gerichtete Bewegung des indischen Kontinents in den Erdmantel gedrückt; die indische Lithosphäre unter dem Hindukusch wird durch ein altes, schweres Lithosphärenfragment in den Erdmandel gezogen. Diese extremen Zugkräfte führen zum Aufreißen der Platte was von regelmäßig auftretenden großen Erdbeben begleitet wird.

Die Lithosphäre des tadschikischen Beckens wird zwischen diesen beiden intrakontinentalen Subduktionszonen hochgradig komprimiert. Dies resultiert in einem komplexen Netzwerk aus Verwerfungszonen an der Oberfläche des Beckens (Abbildung 2): An den Rändern zum Pamir und Tian Shan dominiert transpressive Blattverschiebung; die oberflächennahe Seismizität im Hindukusch gruppiert sich entlang der subkrustalen Plattengrenze; im Becken selber treten die meisten Erdbeben entlang des Sediment-Festgestein-Übergangs auf. Diese klare Aufteilung in verschiedene, räumlich begrenzte, kinematische Regime deutet darauf hin, dass die Krustentektonik im Pamir und Hindukusch durch die tiefe Lithosphärenstruktur der abtauchenden Platten angetrieben wird. Die seismische Deformation im Becken dagegen scheint durch den gravitationsbedingten Kollaps des Pamirs und die resultierende Inversion des Beckens verursacht zu werden.

Obwohl das TIPTIMON Projekt 2015 endete ist unsere Arbeitsgruppe nach wie vor in Zentralasien aktiv. Laufende Projekte in Zentralasien und Afghanistan sind CATENA und das Natural laboratory Central Asia.

Koordination: Matthias Rosenau (Sekt. 4.1), Bernd Schurr (Sekt. 4.1)

PIs: Bernd Schurr (Sekt. 4.1), Xiaohui Yuan (Sekt. 2.4), Christian Haberland (Sekt. 2.2)

Doktorandin: Sofia-Katerina Kufner (Sekt. 4.1)

Finanzierung: BMBF und GFZ Forschungsmittel

Projektlaufzeit: 2012-2015

Kooperationspartner: Institute of Geology, Earthquake Engineering and Seismology of the Academy Science of the Republic of Tajikistan, Dushanbe, Tadschikistan; Aga Khan Agency for Habitat (AKAH), Kabul, Afghanistan; Geologie, TU Bergakademie Freiberg, Freiberg, Deutschland.

Publikationen:

  • Kufner, S.-K., Schurr, B., Ratschbacher, L., Murodkulov, S., Abdulhameed, S., Ischuk, A., Metzger, S., and Kakar, N. (unter Begutachtung). Seismotectonics of the Tajik basin and surrounding mountain ranges. Tectonics.
  • Kufner, S.-K., Schurr, B., Haberland, C., Zhang, Y., Saul, J., Ischuk, A., and Oimahmadov, I. (2017a). Zooming into the Hindu Kush slab break-off: A rare glimpse on the terminal stage of subduction. Earth and Planetary Science Letters, 461, 127-140
  • Kufner, S.-K., Schurr, B., Haberland, C., Zhang, Y., Saul, J., Ischuk, A., and Oimahmadov I. (2017b). Über die Deformation einer Lithosphärenplatte kurz vor der kompletten Ablösung: Ein Schnappschuss aus der Tiefe des Hindukusch. Mitteilungen der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft. 2/2017.
  • Kulikova, G., Schurr, B., Krüger, F., Brzoska, E., & Heimann, S. (2016). Source parameters of the Sarez-Pamir earthquake of 1911 February 18. Geophysical Journal International, 205(2), 1086-1098.
  • Kufner, S.-K., Schurr, B., Sippl, C., Yuan, X., Ratschbacher, L., Ischuk, A., and Tilmann, F. (2016). Deep India meets deep Asia: Lithospheric indentation, delamination and break-off under Pamir and Hindu Kush (Central Asia). Earth and Planetary Science Letters, 435, 171-184.
  • Kufner, S.-K. (2016). Lithospheric structure and seismotectonic setting of the Hindu Kush, the Tajik-Afghan basin and the western Pamir from analysis of local- and teleseismic data. Doktorarbeit, Freie Universität Berlin, 191pp.

 

Abbildung 1: Stationskarte des seismischen Netzwerkes TIPTIMON und Feldbilder dreier Stationen. Alle Stationen in Tadschikistan sind mit Breitband Sensoren ausgestattet. Die Seismometer in Afghanistan sind kurzperiodische Instrumente. Die Rohdaten des Netzwerkes TIPTIMON sind auf GEOFON archiviert.

 

Abbildung 2:  Eine Auswahl der Ergebnisse unserer Datenanalyse (Abbildungen modifiziert von Kufner et al., 2016/2017a). Die große Karte zeigt die basierend auf der Analyse der TIPTIMON Daten erhaltene Seismizitätsverteilung. Pfeile sind GPS-Bewegungsvektoren relativ zu Asien. Die kleine Abbildung illustriert unsere Interpretation der tektonischen Begebenheiten

 

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