Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Interview | Kristen Cook „Alles was ich mache, wird mit Drohnen zu tun haben”

Kristen Cook ist Postdoc in der GFZ-Sektion Geomorphologie. Bei der Erforschung der Erdoberfläche arbeitete sie früher vor allem mit bodengestützer Lasertechnik, heute mit Drohnen. Darüber sprechen wir mit ihr im Interview.

Kristen Cook ist Postdoc in der GFZ-Sektion Geomorphologie. Bei der Erforschung der Erdoberfläche arbeitete sie früher vor allem mit bodengestützer Lasertechnik, heute mit Drohnen. Darüber sprechen wir mit ihr im Interview.

GFZ: Wie sind Sie zur Drohnenpilotin geworden?

Kristen Cook: Vor etwa zehn Jahren habe ich angefangen, mit topografischen Daten zu arbeiten. Damals noch mithilfe eines terrestrischen LiDAR. Ein LiDAR sendet Laserimpulse aus, die von Oberflächen zurück zum Messinstrument reflektiert werden. Dadurch erhält man ein sehr genaues 3D-Bild eines Ortes. Allerdings ist das Instrument sehr teuer, außerdem sehr schwer – man braucht mehrere Leute für den Feldeinsatz.

GFZ: Drohnen sind da unkomplizierter?

Cook: Genau, deshalb war ich begeistert, als ich während Feldarbeiten im Jahr 2014 zum ersten Mal von Drohnen erfahren habe, als ein Kollege seine Drohne mitgebracht hat. Ohne dass einer von uns sich wirklich mit der Technik ausgekannt hätte, konnten wir schon schöne 3D-Bilder produzieren. Das war toll und ich habe mir zurück zu Hause direkt meine erste Drohne gekauft.

GFZ: Mit einer Drohne nehmen Sie nicht einfach nur Fotos auf, sondern produzieren 3D-Landschaftsmodelle. Wie funktioniert das?

Cook: Schon lange ist es möglich, aus Luftaufnahmen, die aus Flugzeugen aufgenommen werden, 3D-Bilder zu produzieren. Einfach dadurch, dass man eine Überlagerung der Fotos hat. Das ist ungefähr so wie beim menschlichen Auge: Man bekommt ein 3D-Bild durch die Stereo-Sicht.
Man braucht allerdings genaue Informationen zu den Fotos: exakte Angaben zum Aufnahmeort und zur verwendeten Linse, weil sie eine Verzerrung in das Bild bringt, die man herausrechnen muss, und die Kamera muss speziell kalibriert sein.

Einen riesen Sprung gab es, als eine Software entwickelt wurde, mit der sich in einem Foto automatisiert Eigenschaften wie der Maßstab ermitteln lassen. Die Technik ermöglicht es, den Aufnahmeort zu rekonstruieren und Kameraparameter abzuschätzen. Und, besonders wichtig, automatisch ein und dasselbe Objekt innerhalb von verschiedenen Bildaufnahmen und aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen, zu identifizieren, um daraus ein 3D-Landschaftsmodell zu machen. Das ist fast magisch.

GFZ: Verfügen die Drohnen über GPS?

Cook: Das kommt auf den Drohnentyp an. Einige haben ein GPS installiert, so dass jedes Foto mit einer GPS-Markierung versehen wird. Das hilft enorm, weil man so genau weiß, wo ein Foto gemacht wurde. Ohne GPS braucht man unabhängige Bezugspunkte an der Erdoberfläche, anhand derer man zwar ein Modell erstellen kann, aber ohne Maßstab. Meistens findet man solche Bezugspunkte, die sich von einem Überflug bis zum nächsten nicht verändern. Sind die Änderungen aber zu umfangreich, braucht man die Kontrolle durch ein GPS.

GFZ: Welchen wissenschaftlichen Fragen widmen Sie sich mithilfe der Drohnen?

Cook: In der Geomorphologie wollen wir etwas über die Erdoberfläche herausfinden. Ich interessiere mich vor allem dafür, wie sie sich verändert, zum Beispiel durch Prozesse der Erosion oder Ablagerung. Dafür erstelle ich per Drohnenüberwachung Zeitreihen, aus denen ich dann Änderungen berechnen kann, beispielsweise an großen Schluchten.

Drohnen sind aber nicht nur für die Erstellung von 3D-Modellen interessant. Auch die Bilder selber sind sehr nützlich, zum Beispiel bei der Kartierung oder der Geländeüberwachung. Wenn man zum Beispiel wissen möchte, wie tief ein Tal ist, oder die Anzahl an umgestürzten Bäumen nach einem Hochwasser bestimmen will, fliegt man einfach mit der Drohne drüber.

GFZ: Wie werden die Drohnen gesteuert?

Cook: Mit Quadrokoptern zu fliegen ist ziemlich einfach. Die Flügeldrohne, die wir auch in unserer Arbeitsgruppe verwenden, lässt sich nur vorprogrammiert fliegen, was auch der große Nachteil dieser Drohne ist. Man programmiert die Flugbahn und den Ort und Zeitpunkt der Landung, wirft sie in die Luft und wartet ab, bis sie zurückkommt. Für die Quadrokopter verwende ich, abhängig vom Gelände über dem ich sie einsetzen will, auch oft die Flugprogrammierung. Bei flachem Gelände funktioniert das gut, in steilem Gebirge ist es aber meist besser, sie manuell zu steuern.

GFZ: Wie sehen Sie die Zukunft in diesem Feld?

Cook: Das ist eine schwierige Frage. In technologischer Hinsicht läuft es super. Die Technologie verbessert sich kontinuierlich, Sensoren werden besser und billiger und man kann Drohnen für immer mehr Bereiche in der Wissenschaft einsetzen.

Aber die zunehmende Regulierung ist eine große Herausforderung. Die rechtlichen Aspekte werden immer komplizierter in immer mehr Ländern weltweit. Seit Drohnen so populär geworden sind, insbesondere auch bei Nicht-WissenschaftlerInnen und Leuten, die nicht wissen, was sie tun oder Drohnen mit nicht so guten Absichten einsetzen, führen viele Länder Beschränkungen ein.

GFZ: Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Cook: In Nepal zum Beispiel, wo wir viel Forschung zu Hangrutschungen betreiben, hat die Regierung Drohnen nach dem Erdbeben von 2015 verboten. Das war die Folge davon, dass viele JournalistInnen Drohnen genutzt haben, um Bilder von der Zerstörung zu machen und dabei auch im Bereich des Präsidentenpalasts und über dem Territorium der amerikanischen Botschaft geflogen sind. Nepal hat daraufhin ein sehr kompliziertes und zeitaufwändiges Genehmigungsverfahren eingeführt. Bisher haben sie unsere Anträge abgelehnt, wir können unsere Forschungen also nicht fortsetzen.

GFZ: Sie arbeiten zusammen mit Michael Dietze am Jasmund-Projekt. Dabei ist es ein fernes Ziel, eine kontinuierliche Überwachung des Untersuchungsgebiets einzurichten. Was sagen Sie aus Sicht der Drohnen-Piloten zur Machbarkeit?

Cook: Die Technologie muss sich noch ein wenig weiterentwickeln, damit die Drohnen wirklich autonom fliegen können. Aber sobald man sie wirklich komplett unbeaufsichtigt und eigenständig fliegen lassen kann und sie ihre Batterien eigenständig aufladen können wäre es recht einfach, eine kontinuierliche Überwachung einzurichten.

GFZ: Wie wird Ihre Arbeit weitergehen?

Cook: Ich denke, alles was ich mache, wird mit Drohnen zu tun haben. Im Moment arbeite ich an einem Projekt im Westen Taiwans, das sehr Drohnen-basiert ist. Wir haben außerdem im Osten Taiwans ein Erosions-Observatorium eingerichtet, um Veränderungen im hoch dynamischen Einzugsgebiet eines Flusses zu überwachen. Von mehreren seismischen und meteorologischen Messstationen aus wollen wir das Gebiet über die nächsten zehn Jahre mit Drohnen überwachen. Ein Ziel wäre außerdem, ein LiDAR in die Drohen zu integrieren, um die Auflösung der Landschaftsmodelle weiter zu verbessern.

13.09.2017, Interview: Ariane Kujau

>>Link zum Jasmund-Film

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