Helmholtz-Zentrum Deutsches Geoforschungszentrum

Interview | Wasserkreislauf in Zentralasien "Viele hydrologische Fragen sind ungeklärt"

Dr. Doris Düthmann war von 2009 bis 2016 als Wissenschaftlerin am GFZ in der Sektion Hydrologie. Während ihrer Doktorarbeit forschte sie zur Modellierung von Wassereinzugsgebieten in Zentralasien. Nun wechselt sie an die TU Wien, um dort zu untersuchen, wie gut hydrologische Modelle Änderungen im Wasserhaushalt simulieren können, die vom Klimawandel verursacht werden.

Dr. Doris Düthmann war von 2009 bis 2016 als Wissenschaftlerin am GFZ in der Sektion Hydrologie. Während ihrer Doktorarbeit forschte sie zur Modellierung von Wassereinzugsgebieten in Zentralasien. Nun wechselt sie an die TU Wien, um dort zu untersuchen, wie gut hydrologische Modelle Änderungen im Wasserhaushalt simulieren können, die vom Klimawandel verursacht werden.

Frau Düthmann, Sie haben am GFZ zum Thema hydrologische Modellierung von Schnee- und Gletscherschmelze in Zentralasien geforscht. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Ich beschäftige mich seit meiner Arbeit am GFZ mit dem Wasserhaushalt in Zentralasien. In dieser Region spielen die Schnee- und Gletscherschmelze eine große Rolle. Bei der hydrologischen Modellierung hat mich insbesondere interessiert, wie wir mit zusätzlichen Daten die Simulation dieser Prozesse im Modell verbessern können. Dabei kam mir zugute, dass unsere Projektpartner an der TU Dresden an Fernerkundungsdaten zur Schneebedeckung und zu Gletschervolumen gearbeitet haben und ich diese Daten verwenden konnte.

Im Rahmen Ihrer Doktorarbeit am GFZ waren Sie an gleich drei Projekten beteiligt. Wie kam es dazu?

Ich bin nicht auf einer klassischen Promotionsstelle eingestiegen, sondern war als wissenschaftliche Mitarbeiterin über verschiedene Drittmittelprojekte finanziert. So kam es, dass ich mich gleichzeitig mit verschiedenen Themen in ganz unterschiedlichen Regionen beschäftigt habe: mit den Themen Klimawandel und Hochwasser in ausgewählten Gebieten in Deutschland innerhalb des Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology <link sektion erdbeben-und-vulkanphysik projekte cedim>CEDIM und mit dem Wasserhaushalt in Hochgebirgsgebieten in Zentralasien im Forschungsnetzwerk „Wasser in Zentralasien“ <link sektion hydrologie projekte cawa>CAWa und dann auch im <link sektion hydrologie projekte abgeschlossene-projekte sumario>SuMaRiO-Projekt. Das Projekt beschäftigt sich mit dem nachhaltigen Management von Flussoasen entlang des Tarim Flusses in China. Wie ich diese Arbeiten mit einer Doktorarbeit verbinden kann und wo ich dazu meinen Schwerpunkt setze, war am Anfang noch gar nicht klar. Die Ideen dazu haben sich erst nach einiger Zeit entwickelt.

Waren Sie für Ihre Arbeit vor Ort im Gelände, um Messungen durchzuführen?

Für meinen Projektteil brauchte ich lange Zeitreihen und ich habe daher mit vorhandenen Daten der hydrometeorologischen Dienste gearbeitet. Trotzdem war ich auch im Gelände, allerdings nur relativ kurz. Im Ala-Archa Tal in Kirgistan geht es unter anderem darum, Gletschermassenbilanzen zu messen - also, wie stark schmilzt der Gletscher im unteren Bereich und wieviel neuer Schnee kommt oben dazu. Daraus kann man dann bestimmen, wie sich das Volumen des Gletschers geändert hat.

Diese Messungen werden jährlich vom GFZ zusammen mit der Universität Fribourg in der Schweiz und dem <link medien-kommunikation meldungen detailansicht article zehn-jahre-deutsch-kirgisische-kooperation-zentralasiatisches-institut-fuer-angewandte-geowissensch>ZAIAG, dem Zentralasiatischen Institut für Angewandte Geowissenschaft, durchgeführt. Mich interessierten außerdem die Abflussmessstationen und die meteorologischen Stationen in Kirgistan, von denen ich Messdaten verwendet habe. Ich habe daher dort eine Reihe von Stationen besucht.

In Zentralasien haben Sie in einer datenarmen Gebirgsregion gearbeitet. Hat es für Sie einen besonderen Reiz ausgemacht, hier sozusagen mit „Entdeckergeist“ zu forschen?

Auf jeden Fall! In Zentralasien wissen wir zu vielen hydrologischen Fragen nur relativ wenig. Beispielsweise gibt es nur wenige Studien zu möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt. Änderungen des Wasserhaushalts sind aber sehr relevant, da Wasser auch wirtschaftlich eine sehr wichtige Rolle spielt, zum Beispiel für die Bewässerung in der Landwirtschaft und die Energiegewinnung aus Wasserkraft. Das ist natürlich eine große Motivation für die Arbeit in so einer Region. Es ist auch toll, über die Arbeit diese Region kennenzulernen, die landschaftlich und kulturell sehr spannend ist!

Wie kann man sich Ihre Modellierungsarbeit vorstellen?

Ich arbeite mit hydrologischen Modellen, mit denen wir den Wasserhaushalt simulieren. Als Eingangsgrößen nutzen wir Karten mit Geländehöhen, Landbedeckung und Böden sowie Zeitreihen von Klimavariablen, also Niederschlag, Temperatur, Luftfeuchte und Strahlung. Wir berechnen dann zum Beispiel, wieviel von dem Niederschlag verdunstet, in den Boden versickert, direkt oberflächlich abfließt oder erstmal als Schnee liegen bleibt. Wir können so den Wasserhaushalt besser verstehen und quantifizieren, was gerade in einem Gebiet wie in Zentralasien wichtig ist, wo es nur sehr wenige Daten gibt.

Sie kombinieren die hydrologischen Modellierungen mit Klimaszenarien. Was erfährt man dadurch?

Ziel ist es abzuschätzen, wie der Klimawandel in Zukunft den Abfluss und die Gletscher beeinflussen wird. Die globalen Klimamodelle liefern uns Projektionen über mögliche zukünftige Niederschlags- und Temperaturänderungen. Diese Daten nutzen wir dann als Eingangsdaten für die hydrologische Modellierung.

Wie sind Sie als studierte Geoökologin zur Modellierung gekommen? Muss man dafür gut in Mathe sein?

Ich habe schon während des Studiums einen Schwerpunkt auf die Modellierung von Umweltsystemen gelegt. - Und ja, da gehört dann auch Mathe dazu. - Mit hydrologischer Modellierung habe ich mich in meiner Diplomarbeit zum ersten Mal intensiver beschäftigt. Aufbauend darauf habe ich hydrologische Modelle für verschiedenste Fragestellungen verwendet, zum Wasserhaushalt, zu Wasserqualität und Nährstoffausträgen aus der Landwirtschaft, zu Hochwasser und in meiner Doktorarbeit dann insbesondere zum Wasserhaushalt im Hochgebirge.

Was raten Sie angehenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die eine Laufbahn in den Geowissenschaften anstreben?

Während des Studiums kann man über Praktika gut in verschiedene Bereiche hineinschnuppern. Diese Möglichkeit sollte man gut nutzen.

Wie geht es nun weiter? Was werden Sie in Wien machen?

Ich komme gerade aus der Elternzeit und bin jetzt seit Mitte Juli an der TU Wien. In den nächsten zwei Jahren möchte ich untersuchen, wie gut die verwendeten hydrologischen Modelle darin sind, Änderungen im Wasserhaushalt zu simulieren, die von Änderungen in den klimatischen Bedingungen verursacht werden. Dazu werde ich Daten aus der Vergangenheit verwenden.

Über die letzten Jahrzehnte haben sich Temperatur und Niederschlag schon deutlich geändert. Mit den zugehörigen Abflussdaten kann man dann testen, inwieweit die Änderungen im Wasserhaushalt durch das hydrologische Modell richtig simuliert werden, oder an welchen Stellen im Modell wir womöglich zu stark vereinfachen. Dies untersuche ich in Österreich, da es hier auch im alpinen Bereich sehr viele Daten gibt. Über die Arbeitsgruppe an der TU Wien kann ich neben den Daten auch auf viel Erfahrung und Vorarbeiten zu meinem Thema zurückgreifen.

Planen Sie in der Zukunft ans GFZ zurückzukehren?

Tatsächlich werde ich über das Mobilitätsprogramm des GFZ* voraussichtlich in zwei Jahren wieder an das GFZ zurückkommen. Ziel ist es dann, ausgehend von den neu gewonnen Kenntnissen aus der Zeit in Wien, hydrologische Änderungen in Zentralasien über die letzten Jahrzehnte auf der regionalen Skala zu untersuchen.

18.08.2016

Das Interview führte Ariane Kujau

*Das GFZ will die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterstützen. Dieses Programm richtet sich deshalb an exzellente junge GFZ-Postdocs (bis 3 Jahre nach Abschluss der Promotion), die für ihre wissenschaftliche Karriere eine Forschungstätigkeit im Ausland aufnehmen wollen. Diese ist meist mit einer erhöhten Unsicherheit bezüglich der Rückkehroptionen verbunden, so dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diesen Schritt oft mit Blick auf die persönliche/familiäre Situation scheuen. Um für die Zeit nach der Beendigung der Auslandstätigkeit eine Perspektive zu schaffen, sagt das GFZ auf Antrag eine Anschlusseinstellung von bis zu 2 Jahren zu.

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